Nelkenrevolutionäre stören auch noch nach 25 Jahren

■ In Portugal will die Rechte die Rehabilitierung der einstigen Revolutionäre verhindern

Madrid (taz) – Es sollte ein rauschendes Fest werden. Doch jetzt droht politischer Zwist zwischen Portugals Linken und Rechten den 25. Jahrestag der Nelkenrevolution zu überschatten. Grund ist der Umgang mit jenen Militärs, die am 25. April 1974 mit ihren Panzern Diktator Marcelo Caetano zum Abdanken zwangen und Jahrzehnte der Diktatur beendeten.

„Die militärische Situation der Soldaten, die direkt an dem Prozeß des Übergangs des politischen Systems beteiligt waren, und deshalb vom Dienst suspendiert wurden, (...) oder deren Karriere unterbrochen wurde bzw. Anormalitäten aufweist, soll überprüft werden“, heißt es in einem Gesetzentwurf, den einer der Protagonisten der Nelkenrevolution, Vasco Lourenço, in seiner Funktion als Vorsitzender der „Vereinigung 25. April“ vorlegte.

Ihre Karriere soll „korrigiert“, die Beförderungen nachgeholt werden. Die Rede ist von den Offizieren, die in den Jahren nach der Revolution wegen ihrer Aktivitäten für ein basisdemokratisches, sozialistisches Portugal vom siegreichen moderaten, bürgerlich demokratischen Flügel gemaßregelt wurden. Die pauschalen Beförderungen wären ein symbolischer Akt, da die meisten der 300 bis 500 Betroffenen nicht mehr in den Streitkräften aktiv sind.

Nur die kommunistische PCP unterstützt den Gesetzentwurf. Alle anderen Parteien haben damit Probleme. „Die Forderung der Militärs ist geeignet Wunden in der Gesellschaft zu öffnen“, begründete Pedro Passos Coelho im Parlament, warum die rechtsliberale Sozialdemokratische Partei (PSD) das Projekt ablehnt.

Die Parlamentarier der rechten Volkspartei (PP) sagten im Parlament gar nichts. Außerhalb waren sie redseliger. Portugals Rechte hat den Offizieren bis heute nicht verziehen, daß sie das Ende des portugiesischen Kolonialreiches besiegelten. „Wir haben nichts dagegen, wenn auch die Probleme der Personen gelöst werden, die aus Afrika zurückkommen mußten“, erklärt PP-Fraktionssprecher Luis Queiró.

Die sozialistische Regierungspartei (PS) von Antonio Guterres ist gespalten. 1999 ist nicht nur Revolutionsjahr, sondern auch Wahljahr. „Portugal kann nicht als das einzige Land in die Geschichte eingehen, wo Militärs, die eine Revolution gemacht haben, bestraft werden“, beschwerte sich ein hohes PS-Miglied. Doch es bedurfte der Intervention des historischen Führers der PS, Mario Soares, um die Regierung zu Taten zu bewegen. „Die April-Offiziere, die für die Freiheit gekämpft haben, verdienen eine besondere Behandlung“, mahnte der Ex-Präsident.

Regierungschef Guterres schwenkte halbherzig ein. Er verpflichtete sich, zusammen mit der PCP einen Weg zu suchen, „um die Ungerechtigkeiten zu korrigieren“. Wie das konkret aussehen soll, darüber schweigt sich die Regierung aus.

Die Betroffenen erwarten nach der harten Debatte nicht mehr viel. „Wenn sie einige von uns symbolisch zum General zu ernennen, müßten wir uns die Sterne sonstwo hinstecken“, wetterte Vasco Lourenço nach der Parlamentsdebatte.

Nur zu gut erinnert er sich an ein Gesetz zum 10. Jahrestag der Nelkenrevolution. Damals rehabilitierte ein Gesetz der Mitte-Links-Regierung unter Mario Soares ausgerechnet die Offiziere der Diktatur. Reiner Wandler