Einwohner gegen Einwanderer

■ Ein ethnischer Konflikt ist die Ursache für den grausamen Tod von über 100 Menschen auf Borneo

Jakarta (taz) – Mehr als 100 Menschen sind bei den schweren Unruhen in der indonesischen Provinz West-Kalimantan auf der Insel Borneo ums Leben gekommen. Diese Zahl nannten die indonesischen Sicherheitskräfte. Zeitungen in Jakarta berichten dagegen sogar von über 200 Toten.

Der grausame Konflikt zwischen verschiedenen Volksgruppen in der entlegenen Region will nicht enden: Banden bewaffneter Dayaks und Malaien zogen auch gestern noch durch die Dörfer, um Jagd auf die Mitglieder der maduresischen Minderheit zu machen. Augenzeugen berichten von schrecklichen Szenen: Von der Gewalt berauschte Männer hätten abgeschlagene Köpfe und Gliedmaßen ihrer Opfer als Warnung an Wegesrändern und Brücken aufgespießt oder triumphierend herumgetragen. Einige Gruppen hätten damit begonnen, je nach Zugehörigkeit farbige Stirnbänder zu tragen.

Obwohl die indonesische Armee angekündigt hat, sie werde die Schußwaffe gegen alle Gewalttäter richten, scheinen ihre Soldaten nicht fähig oder nicht willens zu sein, die Unruhen in den Griff zu bekommen.

In den letzten Tagen konnten sich rund 11.000 Maduresen in die Provinzhauptstadt Pontianak und andere größere Orte flüchten. Doch viele befinden sich immer noch in Lebensgefahr, da ihre Häuser von den aufgeputschten Banden umzingelt sind.

Immer häufiger kommt es in Indonesien zu ethnischen und religiösen Konflikten. Erst vor wenigen Tagen gelang es dem Militär, die Welle der Gewalt auf den Molukkeninseln zu beenden, der über 200 Menschen zum Opfer gefallen waren. Noch nie war die Einheit des Landes so bedroht. Oppositionspolitiker in Jakarta warnten gestern, das eskalierende Chaos drohe die für den 7.Juni geplanten Parlamentswahlen zu verhindern. Jutta Lietsch

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 12