Behörde entdeckt Transparenz

Senatorin Roth erläßt Anti-Filz-Vorschrift: Projekte sollen ausgeschrieben werden. Träger der Drogenhilfe befürchten Gängelung  ■ Von Elke Spanner

Es gibt Begriffe, an die man sich gewöhnen müsse, scherzt Sozialsenatorin Karin Roth (SPD). „Transparenz“ etwa ist ein Wort, das in ihrer Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) bislang nicht sehr gebräuchlich war. Nun soll es zum Motto bei der Vergabe öffentlicher Mittel an soziale Einrichtungen werden. Roth verkündete gestern das Inkrafttreten einer neuen Dienstvorschrift, nach der Sozialprojekte grundsätzlich öffentlich ausgeschrieben werden müssen.

Wofür Roth mit dem ehrenwerten Anspruch „Transparenz“ und „Chancengleichheit“ wirbt, verstehen einige Träger vielmehr als Versuch, Unliebsame auf elegante Weise loszuwerden. Roth hat nämlich angekündigt, demnächst per Zeitungsanzeigen Betreiber für die Fixerstube in Billstedt und den Gesundheitsraum für Frauen in St. Georg zu suchen – beides Projekte, die schon lange von Vereinen vorbereitet werden.

Die Hilfseinrichtung für Mädchen und Frauen „Ragazza“ sucht seit Monaten in St. Georg nach Räumen, die es ermöglichen, einen Gesundheitsraum zu integrieren – weil die BAGS selber „Ragazza“ gebeten hatte, eine Fixerstube „anzudocken“. Und das „Drugmobil“ in Billstedt wird bereits seit fünf Jahren von „freiraum e.V“ betreiben. Daß der umgebaute Linienbus nicht ausreicht und die Einrichtung deshalb in feste Räume umziehen soll, nutzt die BAGS nun, die Trägerschaft in Frage zu stellen.

„Die Regel ,einmal Zuwendung, immer Zuwendung', gilt nicht“, sagt dazu Roth. „Die Träger müssen sich an ihren Leistungen messen lassen“. Und zwar künftig jedes Jahr. Zuwendungen laufen stets nur für zwölf Monate. Dann sollen die SachbearbeiterInnen der BAGS turnusmäßig überprüfen, inwieweit die im Bescheid enthaltenen „Leistungsbeschreibungen“ von den Trägern verwirklicht wurden – und entscheiden, ob sie ihn weiter fördern oder per „öffentlicher Bekanntgabe“ einen neuen Betreiber suchen. Kriterien dafür „müssen jetzt entwickelt werden“, so Roth.

Das könnte auch weitere Projekte aus dem Drogenhilfebereich treffen. Voriges Jahr kündigten sieben Träger ihre „Rahmenvereinbarung“ mit der BAGS, weil sie sich nicht darüber verständigen konnten, inwieweit diese die Alltagsarbeit vor Ort mitbestimmen darf. Vor dem Verwaltungsgericht wird mittlerweile etwa über die Frage der Öffnungszeiten des „Fixstern“ am Schulterblatt verhandelt. Der Betreiber „freiraum“ hatte Klage gegen die BAGS eingericht, weil die im Zuwendungsbescheid festgeschrieben hatte, wieviele der finanzierten Personalstunden für Öffnungszeiten verwandt werden sollen.

Zwischen 850 und 900 Millionen Mark vergibt die BAGS jährlich an soziale Projekte. Wer welches Geld erhält, wurde bislang hinter verschlossenen Bürotüren ausgemauschelt. Voriges Jahr mußte Roths Vorgängerin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) wegen filziger Machenschaften zurücktreten. Sie hatte der Alida-Schmidt-Stiftung, in der ihr Gatte Geschäftsführer ist, einen Auftrag zugeschachert.