Bahnhof Griebnitzsee macht Fahrgäste mobil

■ Auf Initiative eines Kundenverbands entsteht die erste Mobilitätszentrale der Region dieses Frühjahr in der Nähe der Medienstadt Babelsberg. Hier soll es weitreichende Informationen über Busse un

Noch gibt es in der Eingangshalle des Bahnhofs Griebnitzsee nichts, was zum Aufenthalt einlädt. Wer zur S-Bahn in Richtung Berlin oder Potsdam muß, beschleunigt in der Halle das Tempo, um möglichst schnell an den biertrinkenden Jugendlichen vorbeizukommen, die hier Zuflucht vor Wind und Regen gesucht haben.

Doch schon bald soll dies hier ein einladender Ort sein, so das Versprechen. Die Bahnhofshalle wird im Frühjahr in frischem Glanz erstrahlen, der lange geschlossene Fahrkartenschalter wiedereröffnet. Rund 400.000 Mark Fördermittel des brandenburgischen Verkehrsministeriums werden für die Bahnhofssanierung eingesetzt. Doch der Clou in Griebnitzsee: Bahnreisende werden hier nicht nur Nah- und Fernverkehrstickets kaufen können. In Kooperation mit der Deutschen Bahn AG soll Ende Mai, Anfang Juni die erste Mobilitätszentrale der Region eröffnet werden.

„Keine glückliche Bezeichnung, aber am Ende soll das Angebot auch einen griffigeren Namen bekommen“, sagt Stephan Müller. Er gehört dem Bahnkundenverband Brandenburg an und ist Mitgründer der Agentur „Bahnstadt“, die als treibende Kraft hinter dem neuen Angebot im alten Bahnhof steckt. „Wir wollen allen, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen, ein komplettes Serviceangebot machen“, so Müller. Wer wissen will, wie er zum Kaiserstuhl gelangt oder welcher Bus nach Wevelsfleth fährt, soll hier Informationen erhalten. Auch Fahrscheine für Nah- und Fernverkehr sind hier zu erstehen.

Drei Mitarbeiter sollen Beratung und Ticketverkauf übernehmen, „echte Fachleute“, wie Müller betont, Reisebürokaufleute und jemand von der Bahn AG. „Unsere Kunden werden eine individuelle Beratung erhalten, nicht schlichte Computerauskünfte“, betont der Bahnstadt-Geschäftsführer. Ein ausreichendes Potential an Kunden ist aus seiner Sicht vorhanden. Immerhin befinden sich in fußläufiger Entfernung zum Bahnhof die Medienstadt Babelsberg mit rund 10.000 Mitarbeitern, Teile der Potsdamer Uni sowie die Landesfinanzverwaltung Brandenburg. Fest kalkulieren können die Gründer zunächst mit den 4.500 Fahrgästen, die derzeit täglich die S-Bahn in Griebnitzsee nutzen. Mit gezielter Werbung bei den Anwohnern hoffen sie jedoch, schnell den Kunden- und Nutzerkreis zu erweitern.

Längerfristig will die Mobilitätszentrale Anlaufstelle für alle werden, die in und um Griebnitzsee öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Kundenfreundlichkeit wird dabei großgeschrieben. So sollen Bahnreisende ihre Fernbahn-Tickets telefonisch ordern können, und für Ausflügler aus Berlin soll ein Fahrradverleihservice aufgebaut werden.

Daß Mobilitätszentralen funktionieren, zeigt das Beispiel Wuppertal, wo bundesweit erstmals umfassende Beratung plus Ticketverkauf in einer Hand angeboten wurden. (Siehe Kasten unten) Finanzieren muß sich die Mobilitätszentrale Griebnitzsee aus den Umsatzprovisionen, die Bahn AG und andere Verkehrsunternehmen für den Fahrscheinverkauf zahlen. Der Beratungsservice soll für die Nutzer kostenlos sein.

Läuft die Zentrale gut an, soll das Angebot in Brandenburg Schule machen: Stephan Müller plant, in möglichst vielen Städten mit mehr als 5.000 Einwohnern die Bahnhöfe als Servicestation zu reaktivieren. „Durch die Bahnhofsstillegungen der letzten Jahre haben viele Brandenburger den Bezug zur Bahn verloren.“ Daß die Rechnung aufgehen kann, zeigt das Beispiel Neuruppin: Dort wurde der Bahnhof „Rheinsberger Tor“ nach einem Konzept des Bahnkundenverbandes zum Bürger-Bahnhof umgestaltet. Seit dem Sommer 1997 werden hier nicht nur Fahrkarten verkauft, sondern auch Hotelzimmer gebucht und Theatertickets vorbestellt, Stadtführungen und Tagesausflüge vermittelt. Gudrun Giese

Agentur Bahnstadt, Bahnhof Griebnitzsee, Tel. (0331) 7405942