Senatorin im Geldrausch

■ Stadthaushalt 1998 fiel um mehr als eine Milliarde Mark besser aus als erwartet

Zuerst entdeckte Hamburgs Finanzsenatorin im Mai 1998 150 Millionen Mark, im November waren es schon 450, die sich im Januar 1999 auf kaum glaubliche 600 Millionen Mark Steuermehreinnahmen für das Haushaltsjahr summierten. Gestern kam eine noch dickere Überraschung: Bei der endgültigen Bilanz 1998 durfte Kassenwartin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) fast 500 Millionen Mark Minderausgaben der Behörden feststellen.

Kurz: Hamburgs Stadtkasse hat 1998 um 1,1 Milliarden Mark besser abgeschnitten als erwartet. Das Loch im Betriebshaushalt schrumpft deshalb auf „nur“ 800 Millionen Mark, die Neuverschuldung blieb mit 2,3 Milliarden deutlich unter den befürchteten mehr als drei Milliarden Mark.

Von Entwarnung kann angesichts solcher immer noch gigantischen Defizitsummen nicht die Rede sein. Nümann-Seidewinkel sorgt sich zudem um neue Gefahren aus Bonn: Die Unternehmenssteuerreform und die Umsetzung des Kinderfreibetrag-Urteils könnten die Stadtkasse schon bald um mehrere hundert Millionen Mark jährlich zusätzlich belasten. Dennoch „war das heute im Senat eine überaus erfreuliche Nachricht“. Dickes Lob vor allem für die Stadtverwaltung: „Der Einsparerfolg zeigt, wie diszipliniert sich die Behörden inzwischen verhalten.“ Inbesondere die Möglichkeit, Eingespartes ins nächste Haushaltsjahr mitzunehmen, hat die Fachbehörden offenkundig beflügelt.

Mit dem neuen Instrumenten „Budgetierung“ und „Globalisierung“, welche den Behörden erheblich größere Gestaltungsmöglichkeiten einräumen, segle Hamburg „an der Spitze der Bundesländer“, vermerkte die Finanzsenatorin stolz. Auch wenn Nümann-Seidewinkel den Spardruck auf die Stadt nicht verringern möchte, bedeuten die jüngsten Einsparungen doch Entlastung: Die Stadt kann die ÖTV-Tariferhöhung besser verdauen, mehr von ihrem letzten Tafelsilber behalten und bei den Zinsen sparen. Das Ziel, im Jahr 2001 erstmals seit Jahren wieder einen ausgeglichenen Betriebshaushalt hinzulegen, scheint derzeit realistisch.

Florian Marten