Österliche Friedenswanderer mit neuem Elan

■ Dieses Jahr erwartet die Friedensbewegung wieder mehr Teilnehmer bei den Ostermärschen

„Die Nato-Luftangriffe stoppen.“ Unter diesem Motto werden die Ostermarschierer an diesem Wochenende auf die Straßen ziehen. Seit Krieg ist im Kosovo, spürt die Friedensbewegung wieder mehr Unterstützung. In über 50 deutschen Städten soll von Karfreitag bis Ostermontag protestiert werden. Die Organisatoren erwarten, daß an den alljährlichen Wanderungen für den Frieden dieses Jahr mehr Menschen teilnehmen.

„Wir sind darüber nicht glücklich“, sagt Laura von Wimmersperg, „denn der Anlaß ist ein schrecklicher.“ Die Sprecherin der Berliner „Friedenskoordination“ und ihre Mitstreiter aus Gewerkschaften, Parteien und den Kirchen wollen mit ihrem Marsch gegen die Luftangriffe protestieren. Kritik an der Nato beherrscht auch in anderen Bundesländern die Aufrufe zum Ostermarsch: „Friedenspolitik statt Militäreinsätze“, fordert das Friedensnetz Saar. In Sachsen-Anhalt lautet das Motto: „Nato stoppen – OSZE zivil entwickeln“. Vergebens sucht man in den Aufrufen eine Verurteilung der serbischen Vertreibungen der Albaner.

Das Morden im Kosovo, das Flüchtlingselend – warum klammert die Friedensbewegung das aus? Die Frage stößt auf Unverständnis. „Es versteht sich von selbst, daß wir gegen das Morden sind“, sagt Horst Trapp vom Ostermarschbüro in Frankfurt. Auch der Aufruf seiner Initiative konzentriert die Kritik auf die Bundesregierung und den traditionellen Feind der Friedensbewegung – die Nato. Einseitigkeit sei der Friedensbewegung immer vorgeworfen worden, sagt Trapp, der seit 1961 mitwandert.

Schluß mit den Nato-Luftangriffen – das fordern auch die in Deutschland lebenden Serben. In Berlin und Frankfurt haben einige von ihnen an Mahnwachen der Friedensbewegung teilgenommen. Trapp sagt, ihn habe die Angst der Serben um ihre Verwandten in Jugoslawien betroffen gemacht. Trotzdem lasse man sich nicht für eine Seite einnehmen. „Wir wollen auch Kosovo-Albaner einladen.“

Doch ob die Albaner kommen, ist fraglich. Sie stehen mehrheitlich hinter den Luftangriffen. Genau wie die grüne Bundestagsfraktion. Von der Haltung „ihrer Partei“ sind die Ostermarschierer enttäuscht. „Die Grünen haben sich schließlich lange als Teil der Friedensbewegung verstanden“, sagt Laura von Wimmersperg.

Jetzt setzt die Berlinerin genau wie ihr Frankfurter Kollege Horst Trapp auf die wachsende Gruppe der Nato-Kritiker bei SPD und Grünen. „Wir bringen viele Leute auf die Straße“, sagt er, dadurch werde auch die Position der Politiker gestärkt, die gegen die Luftangriffe seien. „Die brauchen das.“

Vor einem Jahr sah es noch so aus, als brauche die Friedensbewegung selbst Stärkung. Mangels Beteiligung hatte sie seit 1995 darauf verzichtet, die Ostermarschierer zu zählen. Letztes Jahr sprach die Polizei gerade mal von 500 Demonstranten in Berlin. In Bremen waren es sogar nur 50.

Ähnlich wenige Mitläufer muß die Berliner Friedensbewegung erwartet haben, als sie dieses Jahr ihr Plakat für den Ostermarsch entwarf. Das Motiv zeigt ein schwarzes Schaf mit Peace-Zeichen auf dem Pelz. Trotzig stemmt es sich gegen einen Strom weißer Schafe. Wenn sich die Erwartung der Friedensbewegung erfüllt, könnte die weiße Herde dieses Jahr wieder umschwenken. Till Ottlitz, Berlin