Ein Tusch zum Fingerknabbern

■ Die neue Folge der Kiez-Saga „Pension Schmidt“

Wieder völlig aus dem Häuschen schlingert das Personal der Pension Schmidt samt seines befreundeten Anhangs von einem schicksalhaft über sie hereinbrechenden Ereignis zum nächsten. Auch bei Folge 353 der Kiez-Soap-Opera bleibt den Gästen zwischen den Lachern kaum eine Atempause: Die Mixtur aus Liebesschnulze, Musical, Comedy, Tuntenball und Kiezstudie zieht.

Bis Juni feiert das Schmidt Theater allmonatlich Premiere einer neuen Folge. In der vergangenen hätte Pensionswirtin Cosima von Cattenstedt, gespielt von Kerstin Marie Mäkelburg, mit dem Sechser im Lotto ihrem Leben eine neue Wendung geben können. Das mißlang, und so steht sie verschuldeter denn je vor dem Ruin. Dauermieter Gerda ist Corny Littmann in seiner Paraderolle als abgetakelte Tunte, die sich erfolglos in einer Revue verdingt. Rührend mitanzusehen, wie sie vor lauter Verzweiflung an ihren Fingern knabbert oder mit nölender Stimme jammert.

Dem Grüppchen der Gestrandeten erscheint wie im Märchen der verlorene Sohn des Portiers Aristide als Traummann Reiner. Frank Wieczoreck mimt den weltfremden Jüngling, der zum Hoffnungsträger für Cosima und Gerda wird. Ein Mißverständnis will es, daß die beiden glauben, er könne neben ihren sexuellen auch die finanziellen Nöte lösen.

In weiteren dramatischen Strängen agieren die fünf Schauspieler in Doppelrollen und zeigen eine Typologie des Kiezes. Neben dem Wortwitz originell sind die Begegnungen zweier Figuren in einer Person. Da kommuniziert schon mal Zimmermädchen Siegfied mit Nadine, die bloß als Perückenkopf in der Durchreiche steht.

Der dramaturgische Einsatz von Musik rundet die Inszenierung ab. Ein Tusch begleitet jeden Auftritt einer Figur. Unter den Gesangsnummern haben die von Littmann und Mäkelburg Kultstatus.

Das Talent des Schmidt-Ensembles zeigt sich in den Werbeblöcken, in denen es auf Zuruf aus dem Publikum im Stehgreif Produkte pointensicher bewirbt. Schlicht gekonnt schmidtsig.

Gyde Cold

Weitere Aufführungen: heute, 7. bis 17. April, 21. April bis 2. Mai, jeweils 20 Uhr, sonntags, 19 Uhr