Blockälteste und Doppelspionin

Am 3. Februar 1947 wurde Carmen Mory im ersten Hamburger Prozeß um das Frauen-KZ Ravensbrück zum Tode durch den Strang verurteilt. Sie soll sich als Blockälteste im sogenannten „Block der Irrsinnigen“ an Mitgefangenen vergriffen haben. Auf der anderen Seite nutzte sie ihr gutes Verhältnis zur Lagerleitung, um Vergünstigungen für die ihr Unterstellten herauszuschlagen. Ähnlich zwiespältig verlief ihr ganzes Leben. An einer Karriere als Sängerin hinderte sie eine Mandeloperation, und später arbeitete sie als Doppelspionin für die deutsche und die englische Seite.

In der Schweiz ist das Buch Die Frau im Pelz von Lukas Hartmann bereits erschienen und hat sofort eine Debatte ausgelöst. „Mir wird vorgeworfen, die KZ-Szenen seien angeblich verharmlosend“, beklagt sich Hartmann über das Unverständnis seiner Landsleute, „da verwechseln die Leute offensichtlich eine nüchterne Beschreibung aus der Sicht der Carmen Mory mit der Zahl der Todesopfer, die ich wahrscheinlich angeben müßte. Aber damit muß man rechnen, wo immer reflexhaft die Entweder-Oder Frage gestellt wird: Stehst Du auf der Seite der Opfer, dann mußt Du das dauernd bekennen, sonst gehörst Du schon zu den Tätern.“

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Lukas Hartmann: Die Frau im Pelz, Zürich: Nagel & Kimche, 39,80 Mark