Die Nato-Luftbrücke hängt vorerst in der Luft

■ Allianz will 100.000 Flüchtlinge per Freiflug in Sicherheit bringen – wann, ist noch ungewiß

Die Nato hat sich mit ihren Plänen für eine Luftbrücke zur Rettung vertriebener Kosovo-Albaner im europäischen Kompetenz- Wirrwarr verfangen. Einen Tag nach der Ankündigung der Allianz, 100.000 Flüchtlinge aus Makedonien zu evakuieren, herrscht bei den EU-Staaten weiter Uneinigkeit über mögliche Verteilungs- Quoten. Morgen wollen sich die EU-Innenminister treffen und über eine Aufnahmeregelung beraten. Am Sonntag hatte es von seiten der Nato geheißen, Deutschland wolle 40.000 Kosovo- Albaner unterbringen. Diese Zahl wollte die Bundesregierung am Montag gegenüber der taz aber nicht bestätigen.

Nato-Sprecher Jamie Shea hatte am Sonntag gesagt, die Nato wolle noch am selben Tag damit beginnen, Kosovo-Albaner aus Makedonien zu evakuieren. Dazu würden Flugzeuge eingesetzt, die sonst auf der Rückkehr von Hilfstransporten leer in ihre Herkunftsländer fliegen müßten. Die Menschen sollten in Nato-Mitgliedsländer ausgeflogen werden. Doch schon am Sonntag scheiterte der erste Versuch, eine Luftbrücke in die Türkei einzurichten — offiziell wurden von makedonischer Seite administrative Probleme als Grund genannt. Es hieß, Griechenland und Bulgarien hätten die Überfluggenehmigung verweigert.

Auch nach Deutschland kehren die Hilfsmaschinen unverändert leer zurück. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums sind die Trans-All-Maschinen nicht für den Transport von Personen ausgerüstet. Außerdem fehlt bis jetzt der politische Auftrag.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es zwar am Sonntag, die deutsche Regierung werde sich als EU- Ratspräsident um die Aufnahme von 100.000 Kosovo-Albanern in die Union bemühen. Das Bundesinnenministerium will dagegen zuerst prüfen, ob den Menschen nicht in Makedonien geholfen werden könne. Es bleibe bei dem „vorrangigen Ziel, die Flüchtlinge möglichst heimatnah unterzubringen“. Andere EU-Länder sind noch zögerlicher. Der französische Verteidigungsminister Alain Richard sprach sich gegen eine Verteilung von Kosovo-Flüchtlingen aus. Dagegen wollen Dänemark, Norwegen und Schweden einen „fairen Anteil“ an Kosovo-Flüchtlingen aufnehmen, wie der dänische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen am Wochenende sagte.

Sollte es doch noch zu einer Luftbrücke kommen, ist die Nato bereit, den Transport zu übernehmen. „Wir sind die einzige Organisation, die sowas aus dem Stand heraus machen kann“, sagte Nato- Sprecher Harald Bungarten zur taz. Zu einem späteren Zeitpunkt müßten Hilfsorganisationen übernehmen. Till Ottlitz, Berlin