■ Die Tarifpolitik hat im „Bündnis für Arbeit“ nichts zu suchen
: Verwirrmanöver

Als IG-Metall-Chef Klaus Zwickel 1995 den Begriff „Bündnis für Arbeit“ prägte, ging es um ein konkretes, begrenztes Projekt. Die Beschäftigten verzichten eine Lohnrunde lang auf reale Lohnzuwächse, die Bundesregierung kürzt nicht im Sozialbereich, die Unternehmer schaffen jährlich 110.000 Arbeitsplätze. Ein einfacher, klarer Deal – der an Bonn und den Arbeitgebern scheiterte. Inzwischen meint „Bündnis für Arbeit“ offenbar nicht mehr übersichtliche Tauschgeschäfte zwecks Abbau der Arbeitslosigkeit. Statt dessen geht es plötzlich um eine umfassende Neuordnung der gesellschaftlichen Entscheidungsstrukturen. Zumindest wenn man der Forderung der Unternehmerverbände folgt, im „Bündnis“ auch gleich generelle Leitlinien für die Tarifpolitik zu verhandeln. Ganz nebenbei wird so mit der Tarifautonomie ein verfassungsmäßiges, historisch begründetes Grundrecht in Frage gestellt – selbstverständlich ohne das klar zu sagen. Und vor allem ganz ohne Not.

Denn niemand von denen, die den Vorschlag unterstützen, will mehr, als eine Art Lohnkorridor festzulegen. Aber genauso funktioniert schon die Tarifpolitik: Forderungen wie Abschlüsse orientieren sich an der gesamtwirtschaftlichen Produktivitäts- und der absehbaren Inflationsrate, hinzu kommen etwaige Nachholeffekte aus früheren Jahren oder Vorschußleistungen. Einen klareren Rahmen könnte auch kein „Bündnis für Arbeit“ vorgeben. Gewonnen wäre also nichts. Ganz abgesehen davon, daß die Erfahrung zeigt, daß die Lohnpolitik ohnehin nicht halb soviel mit der Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun hat, wie die Wirtschaft behauptet – sonst hätten die Reallohneinbußen während der letzten Kohl-Jahre massenhaft neue Stellen bringen müssen. Trotzdem die Tarifautonomie aufzugeben und sich von der Politik der jeweiligen Bundesregierung, die mit im „Bündnis“ sitzt, abhängig zu machen, ergibt keinen Sinn.

So verwirrt die Debatte nur und lenkt vom Ziel des „Bündnisses“ ab: der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Denn dafür wäre eine Einigung über den Abbau von Überstunden oder die Verkürzung der Lebensarbeitszeit viel hilfreicher. Beate Willms