Warum eine Entscheidung respektieren? –betr.: „Richtige Berufswahl?“, Leserinnenbrief taz Ostern 99 zu „Selbst falls ich mich lächerlich mache“, taz vom 27./28.3.99

[...] Offensichtlich hat Marie-A. de Contes das Anliegen der „frustrierten Mutter“ völlig falsch verstanden, ebenso wie der Sohn, der ja seine Frau Mama anrief, um sich zu beschweren, weil sie sich für so profane Dinge wie Frieden, Menschlichkeit und Gespräche zwischen Soldatenmüttern auf allen Seiten der Front aussprach.

Zu Recht muß eine Mutter, eine Ehefrau oder Geliebte, eine Tochter jetzt in Angst um den Sohn/Ehemann/Vater sein. Und warum soll sie ausgerechnet in einer Situation, wo es auf Leben und Tod geht, die Entscheidung des geliebten Angehörigen respektieren? Im Gegenteil gilt es, für solche mutigen Frauen, die bereit sind, sich über die Grenzen und Ideologien mit anderen Frauen zu verständigen, ihren Schmerz und ihre Frustration nachzuvollziehen, und für sie und nicht ihre mißratenen männlichen Familienangehörigen, welche bereit sind, für Geld, eine Ideologie oder ein verschwommenes FeindInnenbild zu morden – ja morden –, Achtung und Respekt zu empfinden. [...] Kerstin Witt, Berlin