Schulte beendet Lohndiskussion

Der DGB-Chef erklärt Lohnabsprachen bei den Bündnisgesprächen für tabu. Entsprechende Vorschläge der ÖTV weist auch die IG Metall zurück  ■ Aus Düsseldorf Annette Rogalla

Wer über Arbeit verhandelt, darf noch lange nicht über ihren Preis sprechen. Dieter Schulte, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, hält Absprachen über Obergrenzen bei Lohnerhöhungen im Bündnis für Arbeit für tabu. „Wir lassen uns nicht darauf ein, über Lohnsteigerungen zu reden“, sagte er zur taz.

Damit zog Schulte einen vorläufigen Schlußstrich unter die Diskussion, die Anfang der Woche Herbert Mai, Chef der Gewerkschaft ÖTV, eröffnet hatte. Mai hatte gesagt, das Thema Löhne sei beim Bündnis für Arbeit kein Tabu mehr. „Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, über Lohnkorridore zu sprechen“, sagte Mai. In einem Bündnis für Arbeit könne die Obergrenze für Lohnerhöhungen zwar nicht verbindlich festgelegt werden, da dies Sache der Tarifparteien sei. „Trotzdem würden die vom Bündnis für Arbeit gesetzten Rahmenbedingungen für die Löhne eine Signalwirkung auf die Tarifverhandlungen haben“, meinte Mai.

In anderen Ländern, in denen Sozialpakte geschlossen wurden, spielten Lohnabsprachen immer eine dominierende Rolle. Das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung fand heraus, daß niedrige Lohntarifverträge immer eine zwingende Vorbedingung für weitergehende Vereinbarungen gewesen sind. Damit erklären sie vor allem das Jobwunder in den Niederlanden.

Solche Vergleiche seien nicht zulässig, erklärte DGB-Chef Schulte. „Wir haben zu starke Unterschiede in den einzelnen Branchen, etwa bei der Beschäftigungslage oder der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen“, sagte Schulte. Lohnleitlinien würden nicht automatisch zu mehr Arbeitsplätzen führen. In den vergangenen Jahren hätten die deutschen Gewerkschaften bereits Lohnzurückhaltung geübt, ohne „daß es eine positive Auswirkung auf die Beschäftigung hatte“, sagte Schulte. Mit ähnlichen Argumenten hatte vorgestern auch Klaus Zwickel, Chef der mitgliederstärksten Gewerkschaft IG Metall, die Initiative von Mai zurückgewiesen.

In dem Gespräch mit der taz sagte DGB-Chef Schulte auch, in Deutschland müsse zunächst mit einzelnen klar umrissenen Projekten begonnen werden, etwa mit der Tarifrente. Der DGB-Chef betonte, daß nicht Gewerkschaftschefs die Tarifverträge aushandeln, „sondern die demokratisch gewählten Tarifkommissionen. Lohnleitlinien lassen sich bei uns nicht durchsetzen.“

Im Juni trifft sich die Runde für das Bündnis für Arbeit wieder bei Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Das ausführliche Interview mit Dieter Schulte ist in der Montagsausgabe der taz zu lesen.