Präsidentenmörder wird Präsident

■ Niger bekommt nach dem Tod von Präsident Bare Mainassara eine Militärjunta, geleitet von Gardistenchef Daouda Mallam Wanke

Berlin (taz) – Der Kommandeur der Einheit von Präsidialgardisten, die am Freitag Nigers Präsidenten Ibrahim Bare Mainassara umgebracht haben, ist jetzt selber Nigers Präsident. Daouda Mallam Wanke wurde am Sonntag abend von der Armeeführung zum Leiter einer Militärjunta namens „Nationaler Versöhnungsrat“ berufen. Die Junta soll nach Angaben der Armee die „legislative und exekutive Macht bis zur Einsetzung einer Konsensregierung“ ausüben. Die bisherige Regierung ist aufgelöst. Es ist außerdem von einer Übergangsperiode von neun Monaten bis zu einem neuen Demokratisierungsanlauf die Rede.

Daß die Armee so lange brauchte, um nach dem Tod des Militärs Bare einen neuen Staatschef zu finden, deutet auf schwerwiegende Unstimmigkeiten in ihrer Führung hin. Und daß ausgerechnet der Leiter der Präsidentenmörder dieses Amt erhält, ist nicht gerade ein Zeichen von Feinfühligkeit. Der eigentlich als neuer Juntachef vorgesehene bisherige Generalstabschef Moussa Moumouni Djermakoye soll sich nach Berichten aus Nigers Hauptstadt Niamey geweigert haben, den Posten anzunehmen, da erst geklärt werden müsse, wer denn Bare Mainassara getötet habe. Er ist nun entlassen worden. Mit der Absetzung der bisherigen Regierung ist auch Premierminister Ibrahim Assane Mayaki kaltgestellt, der nach Bares Tod zunächst die nötigen politischen Erklärungen im nigerischen Rundfunk abgegeben hatte.

Djermakoye und Mayaki sind offenbar die Opfer eines heftigen Machtkampfs an der Militärspitze. Daß es dabei um politische Differenzen geht, ist allerdings unwahrscheinlich, denn alle Protagonisten waren zusammen am Militärputsch von 1996 beteiligt, der die kurzlebige Demokratie Nigers stürzte und Bare Mainassara an die Macht brachte.

Der neue Juntachef Wanke gilt als unbeschriebenes Blatt und soll vermutlich größtmögliche Kontinuität darstellen. Er ist genauso alt wie sein toter Vorgänger, verdankt ihm seinen Aufstieg, ist ebenfalls Angehöriger des Haussa-Volkes und kommt aus derselben Region des Landes: aus Dosso, nahe der Grenze zu Nigeria. Politisch ist er bisher nicht in Erscheinung getreten; er gilt als Karrieresoldat.

Wankes Machtergreifung ist nichtsdestotrotz ein schlechtes politisches Signal. Nach Bares Tod waren in Niger Hoffnungen auf eine Demokratisierung unter Einschluß der 1996 weggeputschten zivilen Politiker geäußert worden. Daraus ist nun nichts geworden – niemand in Niger, der sich für einen Demokraten hält, will offenbar in den Ruch der Kollaboration mit Putschisten kommen.

Die Machtergreifung der neuen Junta ist im Ausland einhellig verurteilt worden, insbesondere von den afrikanischen Nachbarstaaten. Besonders scharfe Töne kamen aus Nigeria, von Nigers südlichem Nachbarn und faktischem wirtschaftlichem Beherrscher. Die dort noch amtierende Junta unter Abdulsalam Abubakar schloß ein Einfrieren der Beziehungen nicht aus und erklärte: „Wir verurteilen die Ermordung eines gewählten Präsidenten vehement und unzweideutig. Die Regierung Nigerias sieht das als Rückschritt.“ Dominic Johnson