Pop, Popo, Literatur

■ Alles geht. Sogar die „Liv Ullmannn Show“ im feinen Schwanenwik

„Mariola Brillowska konnte heute leider nicht kommen. Deshalb übernehme ich, Liv Ullmann, heute ihren Part.“, führte Mariolla Brillowska gleich in die Spielregeln der Liv Ullmann Show ein: Alles geht. Einige Menschen spielen alles mögliche und lesen alles mögliche vor. Angesicht so vieler Verdrehtheiten der Subjektformation hatte sich Ursula Keller, die ehrenwerte Leiterin des Literaturhauses, eigens die Haare wild legen lassen und führte angemessen absurd in die literarischen Ad-Hoc-Absurditäten einer Show ein, die sonst im Kiez-Schuppen Molotow ihren Stammplatz hat. Dennoch kein Clash der Kulturen, kein erstmaliges Zusammentreffen zwischen Quatsch und Qualität. Denn das Literaturhaus habe ja, so Keller, eine lange Tradition der Schrillheiten vorzuweisen.

Die Pop-Art-Schinken von Brillowska – im „polnischen Las Vegas“ Sopot geboren und seit Jahren Hauptverdächtige in Sachen Trash in Hamburg – lieferten dann aber doch für viele ungewohnte Kontraste im bürgerlichen Lesetempel. Das hätte Andy Warhol, dem Held des Themenabends, bestimmt gefallen. Noch besser hätte ihm die Geschichte von Michael Weins alias Marilyn Monroe gefallen, die mit einem Siebdruck aus Echtblut endete. Oder der Auftritt des warholesk distanzierten Electro-Pop-Organisten Felix Kubin, der Pia Burnett alias Nico an den Klangmaschinen begleitete. Am schönsten war alledrings die Idee, ein Glücksrad immer auf den Buchstaben P zu drehen. Denn mit P beginnen ja so feine Wörter wie Pop, Popo und, ähem, Literatur.

Weniger gefallen hätte dem toten Andy allerdings die Showmasterin, die in ihrer penetranten Allgegenwärtigkeit noch die letzte Show zermürbt. Dennoch bewies die Liv Ullmann Show als Andy Warhol Show Standfestigkeit auch in der ungewohnten Umgebung. Und vielleicht konnten durch das kalkulierte Chaos noch ein paar neue Stammgäste hinzugewonnen werden.

Volker Marquardt