Bullig warm und stinkend

■ Diese Kunst spricht alle Sinne an: die erstaunliche Ausstellung „parle-moi d'amour“ in der Galerie 7/8 Barmherzigkeit

Es mag einige gute und viele schlechte Gründe dafür geben, Fensterscheiben einzuschmeißen. Aber erstaunlich ist es schon, daß jemand das Glas einer Galerie zu Bruch gehen läßt, nur um mitzuteilen, daß er mit dem Preis für das Exponat nicht einverstanden ist. „Dieses Kunstwerk ist keine 12.000 Mark wert“, hinterließen unbekannte Täter auf einem per Steinwurf an die Frankfurter Galerie Malinowski/de Ligt versandten Schriftstück. Früher haben die Banausen wenigstens lautstark bezweifelt, daß es sich bei dem Gezeigten um Kunst handelt, aber heute? Dreht sich alles nur ums Geld.

Nicht alles. I Love You ist der Titel der Videoinstallation, die zum fraglichen Zeitpunkt gezeigt wurde, und darin geht es um Liebe und Projektion. Die Gemeinschaftsarbeit von Karsten Ewert und Thomas Kober ist weniger spektakulär, als man vermuten könnte: In zwei parallelen Sequenzen sieht man zwei verschiedene Frauen. Während die Kamera eine der Frauen heimlich, ohne Ton und in Zeitlupe, beobachtet, spricht die andere direkt ins Objektiv über Beziehungen, Erwartungen und ähnlich komplizierte Dinge.

Eine vergleichbare Installation gibt es auch bei der Ausstellung parle-moi d'amour zu sehen, die morgen in der Galerie 7/8 Barmherzigkeit eröffnet wird. Auch hier werden zwei Frauen gezeigt. Eine der beiden ist über die Schulter eines Kerls, der ihr zu imponieren versucht, beim Zuhören gefilmt, dazu erzählt die andere ihre Lebensgeschichte. Verschiebungen, Übertreibungen und Wiederholungen von alltäglichen Zuständen – mal inszeniert, mal vorgefunden – bestimmen auch die Soloprojekte der beiden Frankfurter Künstler. Thomas Kober präsentiert in einem Wohnwagen vor der Galerie seinen unter Anleitung einer professionellen Hure entstandenen, fiktiven Nachbau eines Prostituiertenarbeitsplatzes, bei dem sogar das Lieblingsparfüm seiner Beraterin nicht fehlt: Cherry African Queen. Dabei geht es ihm weder um eine Milieustudie noch um den pseudodokumentarischen Charakter des Ausstellungsobjektes, sondern um den Ort an sich – bullig warm, rot und stinkend soll es im Wagen sein. Karsten Ewert zeigt Zeichnungen von Zügen und eine Installation, die sich ohne weiteres auf die oben beschriebene Anmachszene beziehen läßt: Ein ständig kreisendes Blaulicht macht jede Menge Alarm vor einer passiven Figur.

Britta Peters

Eröffnung: morgen, 19.30 Uhr, außerdem Do und Fr, 18 bis 21 Uhr, Galerie 7/8 Barmherzigkeit, Sternstr. 115