Gratwanderung im Schanzenviertel

■ Wohngruppe Kampstraße und Investorengruppe auf dem Wege der Einigung Von Heike Haarhoff

Von der totalen gegenseitigen Ablehnung über skeptische Annäherungsversuche bis hin zu ernstgemeinten Verkaufsverhandlungen: Jetzt haben die BewohnerInnen der Kampstraße 7 und die BOSW-Investorengruppe als Eigentümerin des ehemaligen Laue-Gebäudes im Schanzenviertel die schwierige Gratwanderung erfolgreich hinter sich gebracht.

„Die Investoren sind bereit, das Haus nach Ablauf des Nutzungsvertrags Ende Januar 1996 zu verkaufen“, verkündet Gerhard Förster, Berater der Wohngruppe Kampstraße, das Ergebnis der jüngsten Verhandlungsgespräche. Er rechne damit, den Investoren schon im Oktober ein Kaufangebot unterbreiten zu können. Damit sei der Verbleib der 15 Leute in dem Haus „so gut wie gesichert“.

Die Wohngruppe hatte im vergangenen April das Haus Sternstraße 107 freiwillig geräumt und dafür von den Investoren des Laue-Geländes zunächst für neun Monate die Genehmigung bekommen, in der Kampstraße zu wohnen. „Das Haus ist recht gut erhalten. Die Investoren haben den Verkaufspreis mit 1,1 Millionen Mark veranschlagt“, so Förster. Eine Summe, die von der Wohngruppe allein nicht aufgebracht werden kann: Die Öko-Bank habe zwar signalisiert, einen Kredit gewähren zu wollen, „aber wir brauchen zusätzlich Geld von der Stadt, um die Mieten hinterher finanzieren zu können.“ Mehr als zehn Mark Warmmiete pro Quadratmeter – sie würden erreicht, wenn das Haus für 800.000 Mark verkauft würde – sei für die meisten BewohnerInnen „nicht tragbar“. Es bestehe aber Hoffnung, über den Verkaufspreis weiter zu verhandeln: „Die Investoren zeigen sich gesprächsbereit.“ Als Käufer kämen, so Gerhard Förster, die stadteigene Lawaetz GmbH, die Steg oder die Genossenschaft Schanze in Frage. „Es ist wichtig, daß die Leute in dem Haus wohnen bleiben können. Seit sie eingezogen sind, gehen viele wieder zur Schule oder arbeiten: Die Gruppe hat sich stabilisiert.“

Das unterstützt auch der Sanierungsbeirat des Karo-Viertels. Vergangene Woche verabschiedete er einstimmig eine Vorlage zur Unterstützung des Projekts: „Der Sanierungsbeirat empfiehlt der Stadterneuerungsgesellschaft dafür Sorge zu tragen, daß die Bewohner und Bewohnerinnen der Kampstraße 7 zum 31. Januar '96 nicht in die Obdachlosigkeit geschickt werden. Mit der Eigentümerin ist über einen weiteren Verbleib zu verhandeln, bzw. es ist an anderer Stelle Ersatzwohnraum bereitzustellen.“

Unterdessen gehen auch die Verhandlungen für das Haus in der Ludwigstraße 8 voran: Der städtebauliche Vertrag soll kurz vor dem Abschluß stehen, bestätigt Stattbau-Geschäftsführer Tobias Behrens. Noch Mitte September sei ein neuer Verhandlungstermin mit den Vertretern der Investoren anberaumt. Diese haben unterdessen – zur Verwunderung vieler – vorübergehend ein Büro in der zum Verkauf vorgesehenen Ludwigstraße 8 bezogen, um die Projektrealisation vor Ort voranzutreiben.