: Zwei Wochen bis zum Lager
Ausländerbehörde will Mazedonier und seine zwei Kinder ausweisen: Flüchtlingselend „kein Abschiebehindernis“ ■ Von Elke Spanner
Den Tausenden von Flüchtlingen, die derzeit im kleinen Mazedonien Schutz suchen, will die Hamburger Ausländerbehörde weitere hinzufügen – durch Abschiebung. Lediglich für zwei Wochen haben der Mazedonier Elmi Januzi und zwei seiner Kinder gestern eine Duldung bekommen – und das auch nur, weil sie eine Petition eingereicht haben und der Luftraum über dem Kriegsgebiet ohnehin gerade gesperrt ist.
Denn „die Tatsache allein, daß da zigtausend Leute in Flüchtlingslagern leben, ist kein Abschiebehindernis“, sagt Behördensprecher Johannes Richter. „Wirtschaftliche Gründe können wir nicht berücksichtigen.“
Seit 1992 wohnen die Januzis in Hamburg. Ehefrau Zumrija ist Albanerin aus dem Kosovo, wo die Familie seit 1985 lebte. Daß sie dorthin zur Zeit nicht ausreisen kann, sieht sogar die Ausländerbehörde ein. Anstatt die Januzis aber hier in Ruhe und Sicherheit zu lassen, empfahl das Amt Zumrija Januzi, ihren Mann nach Mazedonien zu begleiten. Da sie sich weigerte, soll sie nun allein mit dem jüngsten Kind in Hamburg bleiben.
„Unter den derzeitigen Umständen müßte die Familie eine Aufenthaltsbefugnis erhalten, genau wie die Flüchtlinge aus dem Kosovo“, sagt Rechtsanwalt Anton Eger. Doch statt dessen hatte die Ausländerbehörde bereits einen Flug für Elmi Januzi, seine Tochter Emine und seinen Sohn Gazmed gebucht. Am 24. März, dem Tag, an dem die Nato die ersten Bomben über Jugoslawien abwarf, sollten sie nach Skopje fliegen. Anwalt Eger konnte das nur verhindern, indem er eine Petition einreichte. Zuvor hatte er vor dem Oberverwaltungsgericht gegen die Abschiebung geklagt: „Der Vater Januzi wird sich mit seinen beiden Kindern in einem von den Vertriebenen aus dem Kosovo überfüllten Flüchtligslager wiederfinden“, hatte Eger gewarnt. Und: „Es stimmt bitter, wenn zu dem dort vorherrschenden Flüchtlingselend weiteres aus Deutschland hinzugefügt wird.“
Das OVG indes räumte zwar ein, daß sich in Mazedonien tatsächlich „eine erhebliche Anzahl von Flüchtlingen aus dem Kosovo befindet“. Jedoch hätte die Familie nicht bewiesen, „und es ist auch sonst nicht ersichtlich“, daß „die Versorgungslage so schlecht ist, daß es dort an den Voraussetzungen für eine menschenwürdige Existenz der Familie fehlt“. Die Klage wurde abgewiesen.
Seine Frau sei „krank vor Sorgen um ihre Familie“, sagte Januzi gestern. Nicht nur, daß ihr bald der Mann und zwei ihrer drei Kinder entrissen werden. Ihre Eltern und Geschwister lebten bisher im Kosovo. Der Kontakt zu ihnen ist seit dem Bombardement abgerissen, die Familie von Zumrija Januzi mußte fliehen. Wohin, weiß sie nicht. Vielleicht nach Mazedonien?
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