Monsanto geht langsam die Luft aus

■ Weltweit steht der US-Gentech-Multi unter Druck: Widerstand gegen Produkte durch Bauern und Verbraucher. Die Aktien des Unternehmens gehen in den Keller

Berlin (taz) – Gentechnik-Aktivisten aus aller Welt haben eine Lieblingsfirma: Monsanto. Mit global days of action wollen sie den Gentechnik-Multi vom 15. bis 30. April das Fürchten lehren. Die Aktionstage werden das „Microsoft der Gentechnik“ wohl nur wenig beeindrucken: Es geht ihnen auch jetzt schon richtig schlecht. Als „größte PR Katastrophe seit Brent Spar“ bezeichnete die Financial Times die Einführung von Monsantos Gentech-Soja in Europa, und der stellvertretende Monsanto-Chef Hendrik Verfaille erkannte: „Greenpeace und Konsorten machen einen erheblich besseren Job als wir.“

Die letzte Hiobsbotschaft für Monsanto kam Anfang der Woche von den führenden US-Großhändlern ADM und A. E. Staley. Sie werden keinerlei Mais aufkaufen, der nicht in der EU zugelassen und Gentech-frei ist. Verträge über 200 Millionen Dollar gingen den US-Händlern im vergangenen Jahr im Streit um den Gen-Mais verloren.

Seit drei Wochen wenden sich nicht nur EU-Bürokraten, sondern auch eine Allianz von europäischen Supermärkten mit einem Gesamtumsatz von über 200 Milliarden Mark gegen die Gentech-Industrie. Auch in Brasilien, dem zweitgrößten Soja-Exporteur der Welt, haben Monsantos Wunderbohnen, die gegen das hauseigene Pestizid Roundup unempfindlich sind, derzeit schlechte Karten. Die längst erwartete Zulassung wird vom Umweltministerium bekämpft. Der größte Soja-Staat des Landes, Rio Grande del Sul, hat sich zur „gentechnikfreien Zone“ erklärt und gedroht, die Monsanto-Anpflanzungen zu verbrennen.

Verbrannt sind auch die meisten Test-Felder von Monsanto in Indien, wo der Konzern mit Gentech-Baumwolle Fuß fassen will. Man habe Monsanto eine Woche Zeit gegeben, das Land zu verlassen, erklärte der Führer des 10 Millionen Mitglieder zählenden Bauernverbandes KRRS. Nach Ablauf der Frist legten die Bauern Feuer. Besonders verübelt wird Monsanto hier das Saatgut mit „Terminator“-Technologie, dessen Ernte durch einen gentechnischen Trick unfruchtbar ist.

Die Schwierigkeiten scheinen den Konzern auch zu Hause einzuholen. Konnte eine biodynamische Torte im Gesicht des Monsanto-Chefs Bob Shapiro Ende letzten Jahres noch als Einzeltat abgetan werden, so ist die Ankündigung von US-Landwirtschaftsminister Dan Glickman, seine Behörde verfolge mit Sorge den fortschreitenden Konzentrationsprozeß auf dem Agrarmarkt, erheblich ernster zu nehmen. Nach wie vor fehlt Monsanto die Genehmigung für den letzten Großaufkauf des Saatgutunternehmens „Delta and Pine Land“, der den Konzern an den Rand der Marktbeherrschung bei Mais und Baumwolle brächte.

Daß dem Unternehmen auch das Geld ausgehen könnte, befürchten schließlich die Auguren der Wall Street. Nach einem Jahresverlust von 250 Millionen bei 8,6 Milliarden Dollar Umsatz 1998 und einer gescheiterten Fusion mit „American Home Products“ gingen die Aktien in den Keller. Monsantos Kreditwürdigkeit wurde deutlich zurückgestuft. Derzeit stößt der Konzern große Teile seines Imperiums ab und entläßt 1.700 Mitarbeiter. Benny Härlin

Der Autor (42) war tazler von 80 – 83 und ist jetzt Gentech-Koordinator bei Greenpeace