„Für den Mitfahrer mitsehen“

■ Mit dem Tandem gehen Blinde und Sehende auf Fahrradtour

Immer samstags schwingt sich Gudrun Lang aufs Tandem und geht auf Radtour. Was für andere ein selbstverständliches Freizeitvergnügen ist, ist für die Lübeckerin etwas Besonderes: Gudrun Lang ist blind. Dafür, daß sie trotzdem radeln kann, sorgt der Christliche Blindendienst in Lübeck. Seit etwa einem Jahr organisiert er Fahrradtouren für Blinde.

„Das ist wirklich eine tolle Sache“, lobt Lang, die vor einigen Jahren erblindete. „Wir sind ja auf einen sehenden Mitfahrer angewiesen, und wenn der Blindendienst das nicht organisieren würde, müßten viele aufs Radeln verzichten.“

Wie ihr erging es vielen Mitgliedern des Christlichen Blindendienstes. Der Verein trifft sich regelmäßig in den Räumen der Lübecker St. Gertrud-Gemeinde. Deren Pastor Hans-Dieter Krüger ist zugleich Blindenseelsorger des Kirchenkreises Lübeck. Im Sommer 1998 stellte er die Kollekte seines Dienstjubiläums für den Ankauf der ersten Tandems zur Verfügung – inzwischen treffen sich Woche für Woche rund 20 blinde und sehende Radler.

„Man muß sich erst daran gewöhnen, daß man für seinen Mitfahrer sozusagen mitsehen muß“, sagt Tandem-Pilot Dieter Schwarz. „Wenn ich bremsen oder schalten will, muß ich das ankündigen. Ich muß vor Hindernissen warnen und ihm auch die Umgebung schildern, sonst hätte er ja nichts von der Tour.“

Für Gudrun Lang war es anfangs etwas schwer, sich dem Piloten anzuvertrauen. „Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt“, sagt sie. Ihr hat der Blindendienst das Radfahren erst ermöglicht. Hannelore Lange dagegen hat mit ihrem sehenden Ehemann ihren Privat-Piloten. „Wir haben früher auch allein Touren unternommen“, sagt sie. „Aber in der Gruppe ist es einfach geselliger.“ lno