■ Umfrage
: Gefährliche Deutsche?

Die tödliche Hetzjagd in Guben ist der bislang letzte Vorfall in einer langen Reihe von Ausschreitungen gegen ausländische Mitbürger, gerade in den neuen Bundesländern. Häufigkeit und Brutalität der Übergriffe werfen die Frage auf, wie sicher Deutschland als Reiseland eigentlich ist. Die taz hat bei den Konsulaten bzw. Tourismusämtern von Großbritannien, Italien, den USA, Ägypten, Israel, Algerien, Ghana und Japan nachgefragt.

Offizielle Warnhinweise gibt es nirgendwo. Dafür wäre – in den Worten einer Vertreterin der japanischen Botschaft – „eine generell instabile Lage Voraussetzung“.

Der Informationsservice der USA antwortet auf Nachfragen über eine eventuelle Besorgnis grundsätzlich mit nein, was verwundert, wo doch das Außenministerium in seinem aktuellen Menschenrechtsbericht die Übergriffe gegen in Deutschland lebende Ausländer deutlich kritisiert.

Nicht von ungefähr ergibt sich ein anderes Bild bei Fragen nach der persönlichen Meinung. Der Leiter der Berliner Außenstelle der Botschaft Ghanas hat von keinen Beschwerden gehört. Aber: Die Menschen aus Ghana „haben Angst, sind jedoch optimistisch“.

Ähnlich diplomatisch geben sich die Italiener. „Es ist schon mal etwas passiert, das kann aber überall passieren.“ Die Briten geben schon deswegen keine Warnhinweise für Farbige heraus, weil das eine Form der Diskriminierung darstellte, die ihre Regierung nicht unterstützt.

Beim ägyptischen Konsulat ist man um das eigene Image besorgt. Der Leiter der Außenstelle erklärt, die Lage in Ägypten habe sich seit dem Anschlag von Luxor wesentlich verbessert. Das ist zwar keine Antwort auf die Frage, aber trotzdem gut zu wissen.

Selbst bei der algerischen Vertretung werden offiziell keine Konsequenzen gezogen. Es heißt lediglich, die Politik, Asylbewerber dezentral über kleinere Gemeinden zu verteilen, wäre nicht unbedingt ideal.

Auch die israelische Tourismuszentrale hält keine offiziellen Verlautbarungen bereit. Gefährlich ist Deutschland als Reiseland nicht wegen der ausländerfeindlichen Übergriffe. Unter Reisewilligen der jüngeren Generation geht eine andere Angst um: Deutschland ist gefährlich, weil es als Land der Kindervergewaltigungen gilt.

Nach der Erfahrung einer Sprecherin des Verkehrsamtes hat diese Angst konkrete Auswirkungen auf die Reiselust. Ähnliches hat sie auch bei US-Bürgern beobachtet. Die haben in den letzten zwei Sommern Süddeutschland gemieden, aus Furcht vor Hirnhautentzündung durch Zecken.

Fazit: Die Diplomatie gibt sich, wie der Name besagt, diplomatisch. Die Meinungsbildung findet anderswo statt.

Martin Hager