„Gelungene Rache für die Banane“

Die Europäische Union will das seit zehn Jahren bestehende Importverbot für hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA nicht aufheben  ■   Aus Brüssel Peter Sennekamp

EU-Veterinärmediziner auf Investigativmission in US-amerikanischen Schlachthöfen haben eine neue Runde im WTO-Handelskonflikt um hormonell gedopte Rinder eingeleitet. Die „wandelnden Handelshemmnisse“, wie ein deutscher Vertreter in Brüssel die Hormonsucher titulierte, fanden jetzt in vier der zehn in die EU exportierenden Schlachthöfe bei 12 Prozent der Stichproben Anabolikarückstände.

Seit dem EU-Importbann werden jährlich noch rund 7.000 Tonnen „hormon-free US-Beef“ nach Europa eingeführt. Die EU-Kommission wird dem Ständigen Veterinärausschuß nun vorschlagen, auch diese Einfuhren zu unterbinden. „Die Rache für die Banane ist gelungen“, hieß es in Brüsseler Kreisen.

Der Handelsstreit innerhalb der WTO zwischen der EU und den USA könnte tatsächlich einen neuen Höhepunkt gefunden haben. Wenn sich herausstellt, daß in den USA bislang keine substantielle Hormonkontrolle stattgefunden hat und den Tieren darüber hinaus überhöhte Hormondosen verabreicht wurden, werden die Europäer ihre Embargopolitik gegenüber den USA aufrechterhalten.

US-Präsident Bill Clinton heizte den Streit weiter an. Nachdem er im Januar das berüchtigte Sanktionsgesetz „Super 301“ wieder in Kraft gesetzt hatte, wollten die USA rund 900 Millionen US-Dollar an Strafzöllen wegen der Bananen- und Beef-Regeln der EU verhängen. Unter diesem Druck bot die EU-Kommission bereits im Februar drei Kompromisse an: Kennzeichnung von Hormonfleisch, finanzielle Entschädigung oder eine Embargobefristung, bis gesundheitliche Prüfungen abgeschlossen sind. Nach den Anabolikafunden in den US-Schlachthöfen haben die USA ihre Drohung mit Strafzöllen inzwischen auf 300 Millionen Dollar abgemildert. Laut Bauernverband habe die EU nun 92 Millionen Dollar für den Handelsausfall der Amerikaner angeboten, nach Angaben der amerikanische Rinderzüchter-Organisation NCBA gehen den US-Züchtern wegen des Importverbots jährlich aber rund 120 Millionen Dollar verloren.

Mit dem Ruf nach „vitalem Konsumentenschutz“ hatte damals sowohl das Europäische Parlament als auch der EU-Ministerrat mit Ausnahme der Briten für einen Hormonstopp votiert, nachdem in Spanien hormonell vergiftete Lebensmittel gefunden worden waren.

Die USA und Kanada verlangen seit Jahren eine Entscheidung im zuständigen WTO-Ausschuß, weil sie „für das Recht kämpfen, Fleisch auf dem Europäischen Markt anzubieten“, so Charles Lambert von NCBA. Auch der WTO-Ausschuß fand, der Fleisch-Bann der Europäer gegen die üblicherweise mit einem Klipp im Ohr (gefüllt mit Sexualhormonen und Anabolika) herumlaufenden Viecher sei WTO-widrig. Dennoch ließ der Ausschußbericht vom 13. Februar 1998 der EU knappe 15 Monate Zeit, um Schäden für die Gesundheit durch den Verzehr gedopten Fleisches zu beweisen. In 17 Risikostudien versucht die EU-Kommission seitdem, Gesundheitsgefahren ausfindig zu machen. Darüber hinaus müßten weitere „Langzeitstudien“ erstellt werden, heißt es bei der EU-Kommission. Brüsseler Journalisten sagen ihr deshalb bereits „EU-Handelstaktik“ nach.

„Unsere Vorsichtsprinzipien basieren auf einem Null-Risiko- Ansatz“, erklärte EU-Handelskommissar Sir Leon Brittan. Das betreffe nun auch das Ringen um hormonbehandeltes Rindfleisch. Eine Frage allerdings bleibt nach Meinung von Kritikern auch dabei unberücksichtigt: wie Verbraucher gegen Verstöße der Rinderzüchter, etwa durch die Vergabe überhöhter Hormondosen an die Tiere, geschützt sind. Erst diese Überdosen führten aber zu den Rückständen, die die Veterinäre schließlich feststellen können. Außerdem verlangten sie gleichwertige gesundheitliche Analysen zur Vergabe von Anabolika an Geflügel und Schweine.