Krieg anderswo
: Kampf um Karabach

■ Alle denken ans Kosovo. Unsere Serie erinnert an Konflikte in aller Welt. Teil 17

Nagorny Karabach oder Berg-Karabach (Armenisch: Arzach) heißt, in einem Gemisch aus Russisch und Türkisch, „Schwarzer Garten in den Bergen“. Bis in die 80er Jahre lebten in der damaligen Sowjetrepublik Aserbaidschan gelegenen Enklave Armenier und Aserbaidschaner im Verhältnis von ungefähr 3:1. Um die territoriale und staatliche Zugehörigkeit des Gebiets streiten sich die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan seit dem Zerfall der UdSSR.

Auf türkischen Druck hatten die Sowjets Anfang der 20er Jahre die beiden Enklaven Karabach und Nachitschewan Aserbaidschan zugeschlagen. Schon zu Zeiten der Perestroika, im Februar 1988, stellte der Gebietssowjet von Karabach in Aserbaidschans Hauptstadt Baku den Antrag auf „Entlassung“ aus der aserbaidschanischen Sowjetrepublik. Dort lehnte man ab. Auch der Oberste Sowjet in Moskau bestimmte, daß alles bleibt, wie es ist.

Es folgten Pogrome gegen Armenier in Aserbaidschan und umgekehrt, gegenseitige Vertreibung und im Dezember 1991 die einseitige Ausrufung der „Republik Nagorny Karabach“. Daraufhin brach offener Krieg aus. Aserbaidschan besetzte weite Teile des „schwarzen Gartens“ und legte dessen Hauptstadt Stepanakert in Schutt und Asche. 1994 wendete sich das Blatt. Die Karabach-Armee drängte mit Hilfe Armeniens die aserbaidschanische Armee vollständig aus der Enklave und okkupierten umliegende Gebiete, etwa 20 Prozent von Aserbaidschans Gesamtterritorium. Auch sie vertrieben die „fremde“ Bevölkerung. Im gleichen Jahr kam es zu einem wackeligen Waffenstillstand. 35.000 Menschen kostete der Krieg das Leben.

Nach jahrelangem Stillstand kommt vor den Parlamentswahlen in Armenien am 30. Mai wieder Bewegung in die Suche nach einer Lösung für den Konflikt. Aber Aserbaidschan sperrt sich gegen den Plan der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eines „gemeinsamen Staates“ mit Karabach – der Vorschlag geht weiter als Aserbaidschans Angebot einer Autonomie, jedoch nicht so weit wie Karabachs Forderung nach Unabhängigkeit. Thomas Ruttig