Krieg anderswo
: Kleinkrieg in Abchasien

■ Alle denken an das Kosovo. Unsere Serie erinnert an Konflikte in aller Welt. Teil 19

Am 2. April forderten die Staatschefs der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Georgien und die abtrünnige Autonome Republik Abchasien auf, bis Ende des Monats ihren seit 1991 andauernden Konflikt zu lösen. Doch bisher blockieren Differenzen über die Rückkehr der rund 250.000 Flüchtlinge jede Vereinbarung. Der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Abchasien, Liviu Bota, spricht von einer sich „rapide verschlechternden“ Situation. Terroristische Aktivitäten würden zunehmen und es kursierten Gerüchte über einen bevorstehenden Wiederausbruch eines offenen Krieges.

Abchasien war bis 1930 kurzzeitig eine eigenständige Sowjetrepublik und damit Georgien gleichgestellt, wurde dann durch Stalin diesem angegliedert – mit einer Grenzziehung, so daß die Abchasier Ende der 80er Jahre nur 18 Prozent der Bevölkerung „ihrer“ Republik stellten. 1991 hob Georgien Abchasiens Autonomie auf, dessen Präsident Wladislaw Ardsinba stellte mit russischem Beistand den Status von 1930 wieder her. Georgien scheiterte im Krieg 1992/93 an der militärischen Unterwerfung der Abtrünnigen, fast die gesamte georgische Bevölkerung Abchasiens, etwa 200.000 Menschen, floh nach Georgien. Im Juli 1994 wurde ein Waffenstillstand geschlossen, GUS-Truppen und 120 UN-Beobachter kamen ins Land.

Besonders umstritten ist die abchasische Region Gali, bis zum Krieg zu 95 Prozent von Georgiern bewohnt. Im Frühjahr 1998 spitzte sich die Lage erneut zu, als georgische Freischärler Gali „befreien“ wollten. Nach ihrer Niederlage vertrieben die Abchasier 30.000 bis 40.000 bereits heimgekehrte georgische Flüchtlinge. Nach georgischen Angaben wurden seit Anfang 1994 in Gali 1.500 Georgier getötet. Thomas Ruttig