Der Wahlkampf der Zombies

Bei Panamas Präsidentschaftswahl kommt die Legitimation der Kandidaten aus den Gräbern von Caudillos. Lösung sozialer Probleme ist nicht in Sicht   ■  Von Toni Keppeler

San Salvador (taz) – An Panamas Atlantikküste, wo Nachfahren ehemaliger Sklaven wohnen, gibt es bis heute Anhänger afrokaribischer Kulte einschließlich Zombies. Zwei von ihnen sind im gegenwärtigen Wahlkampf landesweit präsent. Denn fast scheint es so, als seien die beiden großen alten Männer der Politik des Kanalstaats aus ihren Gräbern gestiegen, um bei der Wahl am Sonntag gegeneinander anzutreten.

Die zwei toten Caudillos beherrschen die Wahlspots: Arnulfo Arias war dreimal Präsident und wurde dreimal gestürzt. Der andere ist Omar Torrijos, war General und stürzte Arias 1968. Torrijos rang 1977 den USA einen Vertrag ab, in dem sich Washington verpflichtet, am 31. Dezember 1999 den Kanal in panamaische Obhut zurückzugeben. Er starb 1981 bei einem mysteriösen Flugzeugunglück.

In Panama kommt es zwar vor, daß Tote „wählen“, kandidieren aber dürfen sie nicht. Deshalb tritt für Torrijos und seine „Partei der demokratischen Revolution“ (PRD) sein 35jähriger Sohn Martin an. Arias läßt sich von seiner 52jährigen Witwe Mireya Moscoso vertreten, Kandidatin der nach dem Gatten benannten „Arnulfistischen Partei“. Laut Umfragen wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Daß sich die Spitzenkandidaten mehr an der Vergangenheit als an der Zukunft orientieren, liegt mitdaran, daß es Panama zur Zeit der beiden Caudillos noch besser ging. Das internationale Bankenzentrum in der Hauptstadt und der Kanal sorgten für genügend Arbeitsplätze. Sogar für Sozialprogramme war etwas Geld da. Heute ist das anders. Präsident Ernesto Perez Balladares, wie Torrijos von der PRD, zog in den fünf Jahren seiner Amtszeit ein hartes neoliberales Wirtschaftsprogramm durch. Er wollte aus Panama mit dem Kanal und den Freihandelszonen einen modernen Dienstleistungsstaat machen.

Doch die vorher geschützte heimische Produktion hielt der internationalen Konkurrenz nicht stand, die Zahl der Arbeitslosen und Armen stieg. Offiziell beträgt die Arbeitslosigkeit heute 13 Prozent. Tatsächlich sind über 30 Prozent unterbeschäftigt, 30 Prozent der 2,7 Millionen Panamesen leben unterhalb der Armutsgrenze.

Sowohl Torrijos als auch Moscoso kritisieren die Zollpolitik der derzeitigen Regierung. Beide versprechen keine Wende, doch wollen sie den neoliberalen Schock abmildern. Die heimischen Unternehmen sollen geschützt, Trinkwasser von der Privatisierungsliste gestrichen werden.

Es ist schwer zu entscheiden, wer von den beiden glaubwürdiger ist. Moscoso kommt zwar aus der Opposition, aber die „Arnulfisten“ sind eher rechts von der PRD angesiedelt. Und die Kandidatin versteht wenig von Wirtschaft. Sie ist läßt ihre Kaffeeplantagen von anderen verwalten. Gehässige Leitartikler schrieben, sie sei „populär, aber unfähig“. Darauf erwiderte sie: „Ich habe hier die Hosen an.“

Torrijos hat den Nachteil, Parteifreund des amtierenden Präsidenten zu sein und ihm sogar als stellvertretender Innenminister gedient zu haben. In den letzten Monaten versuchte er, sich abzugrenzen. Er kehrt seine Studien in Politik und Wirtschaftswissenschaften hervor und verspricht, das „ehrenhafteste Staatsoberhaupt in der Geschichte des Landes“ zu sein – ein Seitenhieb auf Balladares, der seinen Wahlkampf vor fünf Jahren auch mit Drogengeldern finanzierte.

Den von seinem Vater ausgehandelten Kanalvertrag nutzt Torrijos nicht für die Propaganda. Das Thema taugt nur für nationalistische Feiern. Zwar wird Panama, das 1903 mit Hilfe der US-Marines von Kolumbien abgetrennt wurde, mit dem Abzug der USA aus der Kanalzone endlich souverän. Doch der Kanal ist ins Alter gekommen und braucht erst einmal Milliardeninvestitionen.