Rußlandreisen

Der Zeitpunkt hätte günstiger sein können. Mitten in der russischen Finanz- und Wirtschaftskrise, die nicht zuletzt der Tourismusindustrie des Landes katastrophale Einbrüche beschert, will Hans Engberding mit einem neuen russischen Fremdenverkehrsbüro „das Rußlandbild in Deutschland etwas geraderücken“. 50.000 Mark hat der 47jährige Slawist, nebenbei Geschäftsführer von Lernidee Reisen, seit März dieses Jahres in das Berliner Unternehmen investiert. Eigentlich sollte es das bisherige offizielle Fremdenverkehrsamt der russischen Regierung ersetzen, das nach der Krise im August 1998 kurzerhand geschlossen wurde.

Ein Kooperationsvertag mit der Organisation „Rostourism“ des Moskauer Tourismusministeriums vom November 1998 war als Vorstufe zur Akkreditierung bei der russischen Regierung geplant. Die offizielle Anerkennung läßt allerdings auf sich warten, seit andere deutsche Reiseveranstalter und vor allem die russischen Kollegen von „Intourist“ in Moskau interveniert haben. Sie sind eifersüchtig auf Engberdings angebliche Monopolstellung. Engberding selbst ficht das nicht weiter an. Auch ohne die amtliche Bestätigung will er sich mit seinem Berliner Fremdenverkehrsbüro seinen „Lebenstraum“ erfüllen, Reisenden den Weg nach Rußland zu öffnen. Und so gibt er Antworten auf die „häufigsten Fragen“: landeskundlichen Beschreibungen, Informationen über Visa- und Zollbestimmungen, Anreisemöglichkeiten, Reiserouten, dem Fahrplan der Transsibirischen Eisenbahn wie auch Hinweise auf landesübliche Trinkgewohnheiten und Hitzewellen.

Das junge Berliner Unternehmen präsentiert sich bereits im Internet (HYPERLINK http://www.russlandinfo.de), in einem 26seitigen „Infopaket“ (5 DM) und einer telefonischen Hotline (0190-761655), die den Anrufer DM 2,42 pro Minute kostet.

Viele Fragen kann sich Hans Engberding allerdings selbst nicht beantworten. So lassen sich nicht einmal aus den Zahlen des Moskauer Staatskomitees für Statistik zuverlässige Angaben über die Zahl deutscher Rußlandtouristen herauslesen. Offiziell existieren auch keine Angaben zur angeblich verbreiteten Kriminalität gegen Touristen. Hans Engberding beruhigt in dieser Hinsicht. Er persönlich ist der Überzeugung, daß an einem einzigen Vormittag in Neapel mehr Touristen beraubt und überfallen werden als in Rußland in einem ganzen Jahr. Er warnt auch davor, die russischen Gesetze allzu ernst zu nehmen. In der Praxis sei alles halb so schlimm. Bemerkenswert erscheint ihm die Information deutscher Reiseveranstalter, daß von 100 Rußlandreisenden 80 Moskau meiden. Barbara Geier

Russian National Tourism Office, Dudenstraße 78, 10965 Berlin, E-Mail: HYPERLINK mail to: info§russlandinfo.de kiki