Rudi Scharping und „Die Kunst des Krieges“  ■ Von Karl Wegmann

„Der Scharping ist ja ein scharfer Hund geworden“, wundert sich Willy, „dem läuft richtig der Sabber aus den Mundwinkeln, und er knurrt und bellt, wenn der über Miloevic schwadroniert.“

„Das kommt nur davon, weil der Bart ab ist“, meint Mecki. „Erst haben sie ihn als menschliches Trampolin benutzt, dann dachte sich Rudi: ,Gut, nehm' ich den Bart halt ab, dann lacht keiner mehr.' Hat aber nicht funktioniert. Dann Regierungswechsel. Schröder fragt die Amerikaner: ,Was mach' ich bloß mit Babyface Rudi?' Kriegs... äh, Verteidigungsminister, ist die knappe, aber deutliche Anwort. Das klappt dann – aus Sicht der Amis. Scharping wird zum Mann, der den Geruch von Napalm am Morgen liebt. Jetzt läuft er die ganze Zeit mit diesem Meiner-ist-größer-als-deiner-Blick durch die Gegend“ „Wo er doch gar keinen hat“, werfe ich ein. „Eben“, sagt Mecki, „braucht er ja auch nicht, ich meine: Was braucht Mann einen Schwanz, wenn er einen vollbeladenen Kampfjet hat. Nein, nein, der Rudi ist glücklich mit all seinen Streu- und Splitterbomben, keine Frage. Und zu Weihnachten wünscht er sich eine kleine Seeschlacht, wenn er so weiter macht, tun ihm die Amis wahrscheinlich den Gefallen.“ „Dabei hat Angriffskrieger Rudi nicht die geringste Ahnung“, behauptet Willy, „heute hat doch jeder Manager der mittleren Führungsebene Sunzis ,Die Kunst des Krieges' gelesen, die Bibel, wenn es um geschäftliche Konflikte und Schlachten im Aufsichtsrat geht.“

„Aber das Ding ist schon 25 Jahrhunderte alt“, gebe ich zu bedenken, „das ist dem Rudi vielleicht nicht aktuell genug.“ „Jaja“, sagt Willy, „aber die jugoslawische Armee hat das Buch gelesen, in der politisch-militärischen Hierarchie der Sowjetunion war es Pflichtlektüre, und es ist die Quelle von Mao Tse-tungs Text über die militärischen Prinzipien der chinesischen Roten Armee. Wenn Rudi also in den Krieg zieht, hätte er es vielleicht vorher lesen sollen, denn Sunzi sagt: ,Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.'“

„Zu kompliziert für Scharping“, Mecki schüttelt den Kopf, „außerdem sagt Sunzis doch: ,Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen'. Spätestens an dieser Stelle hätte Bomber Rudi aufgehört zu lesen. Versteht ihr nicht: Der Mann hat mit Diplomatie nichts mehr am Hut, der ist in der Politik immer nur auf die Schnauze gefallen, der will jetzt endlich zurückhauen. Der würde am liebsten in einen Panzerspähwagen, ihr wißt schon, diese Gefährte, die alle so heißen wie kleine Nagetiere, steigen und sofort mit seiner Truppe irgendwo einmarschieren, auch aus humanitären Gründen, wenn es sein muß.“

„Also ist unser tolldreister Rudi nicht mehr zu stoppen?“ frage ich. „Na ja“, sagt Willy, „man könnte ihn als Minensuchgerät im Kosovo einsetzen ...“ „Ein neuer Bart“, wirft Mecki ein, „man müßte ihm erzählen, wie männlich er mit Bart aussieht. Und dann ein neuer Job, möglichst mit Uniform, Postminister vielleicht.“ „Das funktioniert nicht“, Willy winkt ab, „wenn diese Typen einmal Blut geleckt haben ... ich bin für Kampfmittelräumdienst für Rudi.“ „Bleibt nur noch eine Frage“, sage ich, und alle schauen mich an: „Was machen wir mit Joschka?“