Die Zweitnettesten

■ Das Bremer Karstadt-Restaurant erreicht beim Kampf um die Trophäe „Die Goldene Kochmütze“ den 61. Platz

Der Ort ist poetisch, obwohl sein Zweck gastronomisch, seine Anmutung dagegen oliv-beige ist: Das Bremer Karstadt-Restaurant im 3. Obergeschoß ist ein Lieblingsplatz sowohl für den, der nach innerer Leere sucht – ihn stimmen Butzenscheiben und die schwer ins Altdeutsche lappende Bestuhlung kontemplativ. Wer dagegen auf Füllung und Stopfung aus ist, den füllen und stopfen Dim Sum Dampfkörbchen (eine Aktion im Rahmen der visions of east-Tage bei Karstadt). Erst recht aber hält sich hier mit Gewinn auf, wer nach Erlebnissen giert. Ihn fasziniert die druckfreie Atmosphäre, in der deviante Vögel wenig Druckreifes austauschen, so daß manchmal zwischen Schlägen und Küssen alles drin ist. Wundert es vor diesem Hintergrund, daß dem Karstadt-Restaurant gestern die Goldene Kochmütze zugesprochen wurde? Nein!

Diese begehrte Trophäe könnten sich ab sofort der wackere Restaurantchef, Koch und Kellner Harald Eck und sein 28-köpfiges Team an die Brust heften, handelte es sich nicht um eine ca. 80 cm große Platte aus Marmorimitat mit goldähnlicher Kochmütze. Es schwärmten nämlich im Auftrag der Konzernleitung Testesser aus, 161 deutsche Karstadt- und Hertie-Restaurants zu prüfen, um danach Punkte zu verteilen. Wunderbarerweise ergatterten 80 Häuser die goldfarbene Auszeichnung, und Bremen belegte punktemäßig einen überaus ehrenvollen 61. Platz im Hauptfeld.

Man ahnt die Probleme des Bremer Restaurants – 270 Plätze, 4,1 Mio Umsatz pro Jahr, 16 Jahre alte Einrichtung. Kann man damit ambientemäßig gegen das blitzneue Restaurant in Lübeck anstinken? Man kann nicht! Eingangssituation, Ausschilderung, Qualität von Speis und Trank, Hygiene im Sanitärbereich – Bremen immer eher na ja als o la la. Doch mächtig Punkte zockte Bremen in puncto Service ab. Zweiter Platz! Bundesweit! Unfaßbar! Bremer sind am zweitnettesten!

Nieder schlägt sich hier der kontinuierliche Kampf des Traditionshauses um die Steigerung der Mitarbeiterfreundlichkeit im Rahmen eines Projektes spirit, wie der Schauwerbeleiter mit dem großartigen Namen Harald Schmidt gegenüber der Presse betonte. Jahrelang wurde gesät – jetzt wird geerntet!

Zur Feier des Tages und ein wenig im Überschwang verriet Restaurantchef Eck der taz, wie man in seiner Gaststätte ein wirklich gutes Schnäppchen machen kann. Man nehme das Frühstücksangebot wahr. Man wähle das Bausteinfrühstück (sechs frei wählbare Bausteine zum Preis von 4,50 DM). Man nehme kurzerhand sechs Tassen Kaffee. Macht einen Tassenpreis von 75 Pfennigen. Wahnsinnsschnäppchen, oder!?

BuS