Dünger aus der Rotte

■ Der Euro kommt, wohin mit der Mark? Die Altgeldentsorgung macht daraus

Was tun mit dem vielen Geld? Für Normalbürger kein Problem – für die Landeszentralbanken schon: Fast ein Drittel aller umlaufenden Banknoten müssen sie nämlich jedes Jahr aus dem Verkehr ziehen, weil sie zerfleddert und allzu unansehnlich sind. Geldscheine werden nicht alt: Zwanzig-Mark-Scheine machen schon nach eineinhalb Jahren schlapp, die netter behandelten Tausender halten im Durchschnitt vier Jahre länger durch – dann werden auch sie in einer Zentralbankfiliale zerschreddert.

Der Geldabfall, ungefähr 1.400 Tonnen pro Jahr, wird meist wie gewöhnlicher Hausmüll auf eine Deponie gekippt oder verbrannt. Da mit der Euro-Einführung im Jahr 2002 der deutschen Mark endgültig der Garaus gemacht wird, daher das Doppelte der gewohnten Altgeldmenge anfällt, suchte die Bayrische Landeszentralbank im Auftrag der Bundesbank weitere Entsorgungswege. Die 180.000 Tonnen DM-Münzen werden voraussichtlich einfach eingeschmolzen. Aber welcher Schein-Tod soll den 2,6 Milliarden DM-Noten, die zusammen rund 2.600 Tonnen wiegen, zukommen?

Recyceln lassen sich die „naß- und reißfesten“ Wertpapiere nicht. Die Idee, mit den Geldschnipseln Särge zu polstern, gefiel den Währungshütern nicht. Eher schon sagt ihnen das von der „GFU Umweltentsorgung“ bereits erprobte Verfahren zu: In Kreuztal bei Siegen preßt der Entsorgungsbetrieb die von der Kölner Landeszentralbank gelieferten Banknotenstücke zu Pellets. Diese Röllchen werden an Ziegeleien verkauft und dort in die Ziegelrohmasse gemischt.

Interessant ist auch die Lösung der Firma „Umweltschutz Nord“ in Ganderkesee bei Bremen: Gartendünger aus Altgeld. „Für unser Kompostwerk prüfen wir ständig neue Stoffe“, erklärt Firmensprecher Gustav Henke. „Zum Beispiel Linoleum, Jutesäcke und Flaschenetiketten, von denen jährlich über 100.000 Tonnen in Deutschland anfallen.“ Und eben Geldscheine: „Seit April 1998 haben wir zwei Lieferungen der Zentralbankfiliale Oldenburg mit jeweils 30 Millionen DM verarbeitet.“

Die Geldkompostierung ist ein „zweistufiger Prozeß“, bei dem das Altgeld mit Kartoffelschalen, Gartenabfall und anderem ordinären Biomüll im Verhältnis 1:9 vermischt wird, erklärt Henke: „Zuerst kommen die Geldscheine 14 Tage in den Intensivrotte-Tunnel. Das ist eine Art Schnellkomposter mit 60 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. Danach kommen sie 6 bis 8 Wochen in die Nachrotte.“ Schon nach der Intensivrotte ist von dem edlen Ausgangsmaterial nichts mehr zu erkennen: „Jeder Schein wurde in 800 dünne Streifchen zerschnitten, bietet also eine große Oberfläche – Bakterien und Pilze kriegen das sehr schnell klein. Im Labor ist kein Unterschied zum normalen Kompost feststellbar, auch keine Schadstoffe oder Metallrückstände.“

In den für 5 Mark an Gärtner und Kommunen verkauften 40-Liter-Kompostsäcken der Marke „Bioferm“ stecken Banknoten im ehemaligen Wert von 200.000 Mark. „Geld machen kann man mit der Altgeldentsorgung allerdings nicht“, bedauert Gustav Henke. „Der Wechselkurs ist miserabel: Für eine Tonne Geld bekommen wir rund 33 Mark – davon allein kann man nicht leben.“

Als Zusatzstoff zum normalen Biomüll-Kompost hat Geld aber auf jeden Fall Zukunft, meint Henke: „Auch die neuen Euro-Scheine werden schnell abgegriffen sein. Wir rechnen weiter mit 1.000 bis 2.400 Tonnen Banknoten pro Jahr.“ Martin Ebner

Ein zweistufiger Prozeß, bei dem das Altgeld mit Kartoffelschalen und Gartenabfall im Verhältnis 1:9 gemischt wird