Gab Gaddafi den Befehl zum Lockerbie-Anschlag?

■ Die britische Regierung hält angeblich Beweise zurück, um keine Geschäfte zu gefährden

Berlin (taz) – Die britische Regierung hat angeblich Beweise, daß der Lockerbie-Anschlag 1988 vom libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi persönlich angeordnet wurde. Das behauptet die britische Sunday Times in ihrer letzten Ausgabe. Der Zeitung vorliegende Details düften wegen eines „Maulkorberlasses“ der Regierung nicht publiziert werden. Der Grund: Nach der Auslieferung der beiden mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter, zweier libyscher Geheimdienstler, an ein in den Niederlanden tagendes schottisches Gericht und der anschließenden Aufhebung des UN-Embargos gegen Libyen hoffe man in London auf lukrative Geschäfte mit dem nordafrikanischen Staat.

„Wir wissen schon lange, daß Gaddafi den Befehl gegeben hat“, zitiert das Blatt einen früheren Geheimdienstoffizier. Großbritanniens Außenminister Robin Cook wirft der Ex-Agent „Heuchelei“ vor. Laut der Zeitung erteilte Gaddafi seinem Schwager und Chef des libyschen Auslandsgeheimdienstes, Abdallah Sanussi, die Order, den Anschlag zu arrangieren. Sanussi sei Vorgesetzter von Abd al-Basset Ali al-Megrahi gewesen, einem der beiden Anfang April ausgelieferten angeblichen Attentäter. Grund für den Anschlag sei Rache für vorausgegangene US-Bombardements der Städte Tripolis und Bengasi gewesen. Dabei war auch eine Adoptivtochter Gaddafis getötet worden.

Seit der Aufhebung des UN-Embargos gegen Libyen geben sich dort Geschäftsleute die Klinken in die Hände. Laut Sunday Times trafen sich kürzlich hochrangige Mitarbeiter des britischen und des libyschen Außenministeriums in Rom.

Aus Libyen kam gestern ein Dementi der Vorwürfe. Es handele sich um „Lügen und gezielte Fehlinformationen“. Deren Ziel sei es, die britisch-libyschen Beziehungen zu sabotieren. taud