Kioskmonopol für Toilettenkönig

■  Die Wall AG will 200 neue Kioske bauen und später auch sämtliche bestehenden Kioske ersetzen. Bündnisgrüne Baustadträtin warnt vor Monopolstellung und Einheitslook

Dem Stadtbild droht eine weitere Monotonisierung. Die Wall AG, bekannt durch zahlreiche City-Toiletten und werbebeleuchtete Bushaltestellen, will dem Zeitungskiosksterben ein Ende setzen und bundesweit 3.000 Kioske errichten, davon allein 200 in Berlin.

Zeitungen sind zwar überall und zu fast jeder Tageszeit käuflich, doch nur noch an derzeit 210 echten Kiosken. 3.290 allgemeine Verkaufsstellen Tankstellen, Supermärkte oder aber auch der Tante-Emma-Laden haben durch ihre jeweilige Flexibilität im Laufe der Jahre den Zeitungskiosken das Wasser abgegraben. „Kioske werden immer rarer“, beklagt Stefan Engelmann von der Wall AG, „außerdem läßt die Qualität vieler klassischer Kioske oft zu wünschen übrig.“ In Zusammenarbeit mit den beiden Berliner Pressevertrieben wurden bereits geeignete Standorte analysiert. Allerdings bezeichnet Werner Boldt, Vertriebsleiter des Pressevertriebes Berlin Ost (PVB), die Anzahl von 200 als „etwas hoch gegriffen. Wir sprachen bei den Planungen von höchstens 90 Standorten.“ Engelmann dagegen schließt selbst eine noch höhere Zahl nicht aus. „Wir wollen auch sämtliche alten Kioske durch Wall-Kioske ersetzen.“ Ihm schwebt dabei eine Art Einheitlichkeit mit „Wiedererkennungseffekt“ vor.

Genau diesem Einheitslook sieht die Baustadträtin Charlottenburgs, Beate Profé (Grüne), mit Argwohn entgegen. Sie befürchtet zudem eine zweite Monopolstellung des Unternehmens. „Seit Sommer letzten Jahres betreibt Wall bereits sämtliche City-Toiletten, mit den Kiosken wird es bald ähnlich sein.“ Im Gegenzug zur Wartung aller Bedürfnisanstalten bekam Wall frei nutzbare Werbefläche zugesprochen. Die Bezirke, so Profé, erhielten damals kein Mitspracherecht und müssen nun aktzeptieren, daß „sie mit Werbung regelrecht zugepflastert“ werden. „So macht das Wall immer“, ereifert sich die Stadträtin weiter. „Alle finden Toiletten und Kioske prima, und sobald die hohen Kosten seitens der Stadt nicht mehr zu decken sind, gibt es Kompensation durch Werbung.“

Darüber verliert Engelmann kein Wort. Statt dessen erweitert er die Wiederbelebungsaktion zur Stadtmöbelfamilie à la Wall: „Vom Müllbehälter über Wartehäuschen und Toilette bis zur kleinsten Gartenbank, unsere Angebotspalette ist so breit, daß wir bald eine eigene Streetline den Bezirken anbieten werden.“ Nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind immerhin einige wenige Ur-Kioske denkmalgeschützt. Auch Kurfürstendamm und Unter den Linden kommen aus städtebaulichen Gründen als Standorte nicht in Frage. Katrin Cholotta