Basteln an diplomatischer Lösung

■ Nato will Kosovo-Truppe schnell aufstocken und bereitstellen. Türkei stellt Bündnis Luftwaffenstützpunkte zur Verfügung. Montenegro droht mit Lostrennung von Belgrad

Die Verhandlungen zwischen Rußland, der EU und den USA über eine diplomatische Lösung des Kosovo-Konflikts sind gestern in Moskau fortgesetzt worden. Der russische Balkan-Beauftragte Wiktor Tschernomyrdin empfing den finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari als Vertreter der Europäischen Union und den stellvertretenden US-Außenminister Strobe Talbott. Tschernomyrdin forderte eine sofortige Einstellung der Nato-Luftangriffe. Er erklärte, daß Rußland bereit sei, eine Friedenstruppe aus denjenigen Nato-Staaten im Kosovo zu akzeptieren, die nicht direkt an den Luftangriffen beteiligt seien. Tschernomyrdin reist heute zu erneuten Gesprächen nach Belgrad. Demgegenüber bekräftigte Talbott, daß im Zuge eines Kosovo-Friedensplanes keine serbischen Kräfte in der Provinz geduldet würden. Moskau hatte erklärt, Jugoslawien müsse einen Teil seiner Einheiten im Kosovo belassen dürfen.

Unterdessen kündigte die Nato an, die bis zu 50.000 Soldaten starke Kosovo-Friedenstruppe so schnell wie möglich bereitzustellen. „Wir werden keine Zeit verlieren“, sagte Nato-Sprecher Shea. Bisher sei geplant, daß sich die Truppen vor allem in Makedonien sammeln sollen. Dort seien bereits 14.000 Mann stationiert, die auf 16.000 aufgestockt würden.

Eine Kerntruppe müsse zum sofortigen Einsatz vor Ort sein, wenn Belgrad die fünf Grundforderungen der Nato zur Beendigung der Vertreibung und Heimkehr der Flüchtlinge erfülle. Die restlichen Friedenstruppen sollten in den Nato-Mitgliedsländern zum sofortigen Abruf bereitstehen.

Überdies will die Nato in den nächsten Tagen mit der Kontrolle von Tankschiffen in der Adria beginnen, um das Ölembargo gegen Jugoslawien durchzusetzen. Die Kontrollen sollen sich nur auf Schiffe aus Ländern beziehen, die das Embargo unterzeichnet haben.

Zur Verstärkung der Luftangriffe hat die Türkei der Nato zwei Stützpunkte in Westanatolien zur Verfügung gestellt. Auf den Stützpunkten Balikesir sollen 36 Kampfflugzeuge, in Bandirma 18 Flugzeuge stationiert werden, wie der türkische Generalstabschef Kivrikoglu mitteilte. Fracht- und Tankflugzeugen soll der Stützpunkt Incirlik oder die Basis in Corlu zugewiesen werden.

Bereits in der Nacht zu Mittwoch hatten Nato-Flugzeuge mit insgesamt 650 Einsätzen ihre bislang schwersten Luftangriffe. Getroffen wurden der Nato zufolge unter anderem 15 Artilleriestellungen. Mehrere starke Explosionen erschütterten die Provinzhauptstadt Pritina. Bombardiert wurden auch Ziele in Serbien wie Relaissender des Rundfunks in Belgrad, Strple, Pirot und Sremska Karlovca sowie die Regierungsresidenz in Dobanovci. Im Kosovo tötete eine Nato-Bombe gestern zwei Kinder. Sie seien im Dorf Radoste während heftiger Luftangriffe ums Leben gekommen, meldete das halbamtliche serbische Medienzentrum in Pritina.

Unterdessen hat sich Montenegro für eine friedliche Lösung der Kosovo-Krise, Demokratisierung und gleichberechtigte Beziehungen mit Serbien ausgesprochen. Sollte Belgrad diese Bedingungen nicht erfüllen, könnte sich die Adria-Republik von Jugoslawien lostrennen, heißt es in einer in der montenegrinischen Tageszeitung Vijesti veröffentlichten Regierungsplattform. dpa/AP/AFP