Oberster Finanzprüfer guckt in die Röhre

■ Landesrechnungshof rügt in seinem Bericht 1999 die Verschwendung und mangelnde Kontrolle öffentlicher Ausgaben. Verlust summiert sich auf mindestens 120 Millionen Mark

Der Präsident hat keine Hoffnung. „Das Geld kriegen wir wohl nicht mehr zurück“, sagte Berlins oberster Finanzprüfer, Horst Grysczyk, gestern zum Verlust von 13,6 Millionen öffentlicher Mittel, die die Senatsarbeitverwaltung zu veranworten hat. Nur ein besonders krasser Fall unter vielen: Der Präsident des Landesrechnungshofes stellte den Jahresbericht 1999 vor, der wieder jede Menge Beispiele auflistet, wie Steuergeld falsch eingesetzt und aus dem Fenster geworfen wurde. Insgesamt mindestens 120 Millionen fielen 1997 in schwarze Löcher. Das Jahr 1998 konnte der Rechnungshof nicht prüfen, weil SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing den Haushalt noch nicht abgeschlossen hat.

Die 13,6 Millionen Mark stammten unter anderem aus Mitteln der Senatsarbeitsverwaltung, die unter der Ägidie des damaligen SPD-Staatssekretärs Peter Haupt an zwei Firmen vergeben wurden. Haupt amtierte gleichzeitig als Aufsichtsratsvorsitzender der beiden Unternehmen. Das Geld sollte an kleine Privatbetriebe weitergegeben werden, um deren Eigenkapital zu stärken und Jobs zu schaffen. Obwohl die Mittel den Recherchen des Rechnungshofes zufolge dafür nicht verwendet wurden, verzichtete Haupt großzügig auf die Rückzahlung – hätte er damit doch den Mißerfolg der eigenen Arbeit sowohl als Kontrolleur der Unternehmen als auch als Staatssekretär eingestanden. Grysczyk: „Mangelnde Kontrolle – einige Beteiligte waren wohl überfordert.“ Haupt ist heute Staatssekretär von Bundesministerin Christine Bergmann (SPD).

Häufig stießen die PrüferInnen, die die gesamten öffentlichen Finanzen des Landes unter die Lupe nehmen dürfen, auf uneffektive Förderung von Privatfirmen durch den Senat. Zum Teil würden die millionenschweren Förderprogramme „über Jahre hinweg fortgeführt, ohne den Erfolg zu kontrollieren“. Wenn die Verwaltung des öffentlichen Geldes etwa an die Investitionsbank Berlin ausgelagert wird, erhöhe auch das nicht unbedingt die Wirksamkeit. Der Rechnungshof mahnt deshalb, immer vorher die Wirtschaftlichkeit zu untersuchen – anstatt hinterher in die Röhre zu gucken.

Im Hinblick auf den Landeshaushalt sieht Grysczyk zwar „Konsolidierungserfolge, aber keine nachhaltige Entspannung“. Weil die Finanzen des Landes auf absehbare Zeit tief in den roten Zahlen steckten, gehe an „weiterem Sparen kein Weg vorbei“.

Die PrüferInnen haben erhebliche Zweifel, ob neue Methoden der Haushaltsentlastung der Weisheit letzter Schluß seien. Wenn Fugmann-Heesing etwa Schulen verkaufe, um mit den Einnahmen Löcher zu stopfen, das Gebäude dann aber jahrelang vom neuen Besitzer zurückmieten müsse, könne die Bilanz am Ende durchaus negativ ausfallen. Jeder Einzelfall müsse sorgfältig geprüft werden, warnte Grysczyk. Hannes Koch