Kleine Kunst, große Gefühle

Am 8. Juli startet der 10. WestPort. Eine Programmatik ist nicht auszumachen, gute Momente könnten sich trotzdem einstellen  ■ Von Christian Buß

An dieser Stelle wurde ja schon reichlich über den WestPort gemotzt, beginnen wir zur Abwechslung doch mal mit Enthusiasmus. Man kann über die Veranstaltung, die früher einmal ausschließlich dem Jazz gewidmet war und inzwischen so ziemlich jede Spielart populärer Musik eingemeidet hat, sagen, was man will: Ein Abend pro Festival ist stets unvergeßlich geblieben. Da muß man gar nicht den schon legendären Auftritt von Miles Davis beim ersten Happening 1990 herbeizitieren – auch die noch nicht so lange zurückliegenden Gastspiele von Cassandra Wilson, Van Morrison oder Gilberto Gil lösen bei Zeitzeugen wohlige Schauer der Erinnerung aus. So gesehen: Schön, daß es den WestPort gibt.

Andererseits wurde das Festival über die letzten Jahre immer mehr im Stil eines Gemischtwarenladens geführt – eine Programmatik ist in dem konzentrierten Künstlerauflauf vor den Deichtorhallen beim besten Willen nicht mehr zu erkennen. Jedes Jahr gab es die übliche Mischung: hier die sicheren Nummern des Jazz, dort Pop-Exponenten aus dem Erwachsenen-Segment.

Wenn es denn auf dem ansonsten wieder betulich daherkommenden 10. WestPort eine Veränderung zu den Vorjahren gibt, dann diese: Mit Garbage wurde zum erstenmal eine Alternative-Band eingekauft, die ein veritables Teenie-Publikum anspricht. Der alle Jahre wieder erörterten Frage, ob das denn noch Jazz sei, muß man diesmal also wirklich nicht mehr nachgehen, und damit das stadienkompatible Konsens-Ensemble auch im richtigen Ambiente loslegen darf, wird vor dem traditionellen Zirkuszelt extra eine Open-air-Bühne installiert.

Ansonsten ist aber alles beim alten geblieben. Der unvermeidliche Pat Metheny spricht wieder einmal alle Technik-Fanatiker an, die ebenso unvermeidlichen Incognito garantieren mit ihrem gediegenen Club-Sounds eine von Überraschungen freie Tanznacht. Und während der Auftritt der Gefühls-exhibitionistin Heather Nova mit dem eigentlich wenig schmeichelnden Logo „Sirene“ angekündigt ist, wird unter dem ein klein bißchen schöneren Motto „Poetry in Music“ zuerst die kokette Berliner Kleinkunst-Göre Meret Becker Chansons von ihrem neuen Album Nachtmahr vorsingen und später Nick Cave, der australische Beschwörer großer Gefühle, in Erscheinung treten. Wie man hört, solo. Das kann gar nicht schlecht sein. Die erste Veranstaltung kann man vermeiden, die zweite aber ist ein Pflichttermin. Ebenfalls angekreuzt werden sollten die Auftritte folgender Künstler: Taj Mahal verbreitet mit seiner Band The Hula Blues einen enigmatischen karabischen Flair, der in New York lebende Ruben Blades spielt ein weiteres Mal seine Version des Son.

Ein definitiver Höhepunkt ist das Konzert von John McLaughlin, der sein Projekt Shakti reformiert hat. Mit dem erschloß er in den 70er Jahren mittels indischer Musiktradition dem Jazz neue Dimensionen für Raum und Zeit. Wenn er zusammen mit dem alten Gefährten Zackir Hussain seine gern mal einstündigen Soundscapes ausrollt, sollte das Pulikum Kissen zum Meditieren dabei haben.

8. Juli, 20 Uhr: Taj Mahal & The Hula Blues. 9. Juli, 20 Uhr: Meret Becker; 23.30 Uhr: Heater Nova. 10. Juli, 18.30 Uhr: Garbage; 22.30: Pat Metheny Trio. 11. Juli, 20 Uhr: Incognito. 12. Juli, 20 Uhr: Nick Cave + Veda Hille. 13. Juli, 20 Uhr: Ruben Blade. 14. Juli, 20 Uhr: Stanley Clark feat. Lenny White. 15. Juli, 20 Uhr: John McLaughlin. 16. Juli, 20 Uhr: Les McCann & His Magic Band + Joja Wendt. Der Vorverkauf hat bereits begonnen. Tickets und weitere Infos unter Tel.: 44 64 23