Ein Freund, ein guter Freund...

■ Der Bürgermeister des arabischen Tamra wirft Henning Scherf vor, finanzielle Versprechen nicht einzuhalten. Scherf soll diese gegenüber dem verstorbenen Tamra-Orts-Chef gemacht haben

Seit 17 Jahren existiert zwischen Bremen und der arabischen Stadt Tamra in Israel ein echtes Freundschaftsverhältnis. Dieses könnte jetzt heftig getrübt werden. Die Araber pochen auf angebliche Versprechungen von Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Der wiederum will von diesen Zusagen für Stipendien und ein Gemeindezentrum plötzlich nichts mehr wissen. Die Situation ist festgefahren.

In mehreren Austauschfahrten konnten Bremer Jugendliche sich über die Situation der palästinensischen Minderheit in Israel informieren und die Gastfreundschaft der arabischen Familien kennenlernen, während auf der anderen Seite die Besucher aus Tamra die Arbeit und die Probleme etwa von Jugendprojekten in Bremen zu Gesicht bekamen. Wenn im Juli erneut 16 Besucher aus Tamra auf Einladung des Bürgerhauses Hemelingen zu Gast in Bremen sind, stehen allerdings weniger die Bremer Programmpunkte im Mittelpunkt, als vielmehr die Zukunft des Freundschaftsverhältnisses selbst.“

„Wir hoffen, daß das Treffen in Bremen nicht von den Mißverständnissen der letzten Zeit überschattet wird“, sagt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Barbara Klöpper. Gemeint sind besagte unterschiedliche Interpretationen eines Gesprächs, das der ehemalige Bürgermeister von Tamra, Hisham Abu Roumi, im Juli 1997 mit Bürgermeister Henning Scherf geführt hatte. Während der neue Tamraer Bürgermeister Abu Hassan behauptet, Scherf habe Abou Roumi die Finanzierung von fünf bis sechs Stipendien für Palästinenser in Bremen sowie die finanzielle Beteiligung beim Aufbau eines neuen Gemeindezentrums zugesagt, heißt es aus der Bremer Senatskanzlei, daß konkrete Versprechungen nicht gemacht wurden. Abu Roumi selbst kann sich zu dem Streit nicht mehr äußern. Er war wenige Tage nach dem Gespräch mit Scherf gestorben.

In der Bremer Senatskanzlei reagiert man mittlerweile gereizt auf das Thema Tamra. „Die Beziehungen sind ein informeller Austausch, eine winzige Geschichte, die eingeschlafen ist, als der alte Bürgermeister starb“, meint der Protokollchef der Senatskanzlei, Keller. Auch Keller will von Versprechungen nichts wissen. Das mit den Stipendien und dem Gemeindehaus, sagt er, „wird nichts“.

„Dieselbe Aussage hat der neue Bürgermeister von Tamra inzwischen auch schriftlich. Umso größer ist die Enttäuschung in der 22.000 Einwohner-Stadt. Den Ärger über den Streit um die angeblichen Versprechen bekam auch eine Bremer Delegation zu spüren, die im April auf Initiative der deutsch-palästinensischen Gesellschaft in den palästinensischen Autonomiegebieten war und auch Tamra besucht hatte. So bat etwa die Witwe von Abu Roumi die beiden Delegatationsteilnehmer Frank Pietrzok und Martin Gründner, die mit sicheren Listenplätzen der SPD für die nächste Bürgerschaft ausgestattet, sich bei Henning Scherf noch einmal für die Belange der Tamraner einzusetzen.

Das können die Tamraner im Juli freilich auch selbst tun (vgl. Seite 26): Ein Programmpunkt des diesjährigen Besuchs in Bremen ist auch ein Gespräch mit Henning Scherf. Barbara Klöpper bemüht sich indes, die Wogen zu glätten. „Der Geist der Partnerschaft mit Tamra hat nie darin bestanden, Projekte zu finanzieren“, sagt sie. „Im Vordergrund standen vielmehr der direkte Austausch und die Möglichkeit, die Menschen vor Ort kennenzulernen.“ Uwe Rada