Todesschüsse: CDU blockiert Aufklärung

■  CDU setzte vor Gericht durch, daß beim Untersuchungsausschuß zur kurdischen Besetzung des israelischen Konsulats die Öffentlichkeit vorerst ausgeschlossen wurde. Zeugenvernehmung wurde daraufhin ausgesetzt

Der parlamentarische Untersuchungsausschuß zur Klärung der Vorgänge um das israelische Generalkonsulat am 17. Februar 1999 ist vorerst geplatzt. Auf Antrag der CDU hat der Berliner Verfassungsgerichtshof mit einer „Zwischenverfügung“ vom Donnerstag abend für die gestrige Ausschußsitzung die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Eine Zeugenvernehmung in nichtöffentlicher Sitzung lehnte der Ausschuß daraufhin gestern nach einstündiger Beratung ab. Man habe sich anderenfalls, so der Vorsitzende Wolfgang Wieland (Bündnis 90), „in der Gefahr gesehen, so nur das Spekulationskarussell weiterzudrehen“. Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky, die gestern als Zeugen vernommen werden sollten, durften wieder gehen.

Die Vorgänge rund um das israelische Konsulat bleiben damit weiter im dunkeln. Nach der Verschleppung des PKK-Führers Abdallah Öcalan aus Kenia waren dort bei dem Versuch, das Konsulat zu besetzen, 4 Kurden von israelischen Sicherheitsleuten erschossen und 14 weitere zum Teil schwer verletzt worden.

Mit der Gerichtsverfügung hat die CDU bei ihrem Bemühen, den Ausschuß scheitern zu lassen, einen ersten Erfolg errungen. Nach ihrem Willen sollen alle Zeugen jeweils nur zu einer Frage gehört werden dürfen. Erst wenn diese umfassend geklärt sei, so die CDU-Logik, könne man zur nächsten Frage übergehen.

Da sich die CDU mit dieser Auffassung nicht durchsetzen konnte, hatte sie beim Verfassungsgericht per einstweilige Anordnung beantragt, die zu vernehmenden Zeugen jeweils nur zu Einzelaspekten zu hören.

Hierüber will das Gericht nun am Mittwoch beraten. Die für gestern vorgesehene Zeugenvernehmung soll dann am kommenden Freitag nachgeholt werden. Zuvor muß das Abgeordnetenhaus bei seiner Sitzung am Donnerstag den Untersuchungsauftrag präzisieren und Klarheit darüber herstellen, wie der Auftrag, „die Sachverhalte in der nachfolgenden Reihenfolge zu untersuchen“, von ihm gemeint ist. Auch dies hat das Gericht vorgegeben.

Währenddessen tauchen vor den Sitzungen laufend neue Materialien auf, die die offizielle Version der Abläufe zunehmend in Frage stellen. Das vor einer Woche veröffentlichte Protokoll eines Telefonats zwischen Böse und Saberschinsky läßt Zweifel daran aufkommen, daß die Polizei die mögliche Besetzung israelischer Einrichtungen wirklich hinreichend ernst genommen hat. Das von der SFB-Sendung „Kontraste“ausgestrahlte Polizeivideo erschüttert die Darstellung der Israelis, wonach die Wachleute in einer Notwehrsituation im Gebäude geschossen haben sollen.

Mit diesen Fragen, die dringend der Aufklärung bedürfen, kann sich der Ausschuß jedoch nicht befassen. Er muß zunächst der Frage nachgehen, wann und wie die Berliner Sicherheitsbehörden von der Verschleppung Öcalans erfahren haben und welche Gefährdungsanalysen für Einrichtungen in Berlin sich daraus ergaben. Otto Diederichs