Scharfe Kritik am Ende der Ermittlungen

■  Nach der Ankündigung von Justizsenator Ehrhart Körting, in Sachen Konsulatsschüsse die Akten zu schließen, will nun der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Wolfgang Wieland, die israelischen Schützen befragen

Die Ankündigung von Justizsenator Ehrhart Körting (SPD), das Verfahren wegen der tödlichen Schüsse am israelischen Generalkonsulat zu beenden, ist beim Vorsitzenden des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, Wolfgang Wieland (Bündnisgrüne), auf heftige Kritik gestoßen. „Solange Israel sagt, wir sind kooperativ, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, dem nachzugehen“, sagte Wieland zur taz. Er bezog sich dabei auf eine Aussage des israelischen Botschafters Avi Primor, daß die beiden israelischen Sicherheitsleute, die die Schüsse abgaben, jederzeit wieder einer neuen Befragung durch die deutschen Behörden zur Verfügung stünden.

Körting hatte gestern erklären lassen, daß eine Weiterführung der Ermittlungen aus Rechtsgründen nicht mehr möglich sei. „Eine Vernehmung der israelischen Konsulatsbeamten in einem gegen sie gerichteten Verfahren“, heißt es in der Begründung der Justizverwaltung, „käme – auch im Wege der Rechtshilfe – nur in Betracht, wenn Israel entsprechend dem Wiener Übereinkommen auf dessen Schutz verzichten würde.“ Körting kündigte an, für den Fall der Aktenschließung zunächst den Rechtsausschuß des Abgeordnetenhauses zu informieren. Bereits am 26. Mai hatte die Justizverwaltung in einem Schreiben an das Bundesjustizministerium diese Ansicht begründet. Die Staatsanwaltschaft, heißt es darin, vertrete die Auffassung, daß es realitätsfremd erscheine, dem Staat Israel eine Verzichterklärung, betreffend die Immunität der Sicherheitsbeamten, anzutragen.

Hinter dieser Auffassung verbergen sich die auch in Berliner Justizkreisen vorherrschenden Zweifel an der Notwehrversion der israelischen Behörden. So heißt es im Schreiben an das Bonner Ministerium, daß insbesondere die Angaben des zweiten Sicherheitsbeamten „zur Schußabgabe auf die Personen auf der Außentreppe“ nicht überzeugend seien. In Justizkreisen geht man deshalb davon aus, daß die israelischen Schützen deshalb nicht als Zeugen, sondern als Beschuldigte befragt werden müßten. Eine entsprechende Anklage, heißt es in der Justizverwaltung, sei aber wegen des konsularischen Ranges der Beamten nicht möglich.

Diese Argumentation will Wieland nicht gelten lassen. „Oberstaatsanwalt Karge“, kritisiert er, „handelt offenbar nach dem Motto „Warum soll ich ermitteln, wenn ich nicht anklagen kann“. Dabei seien weitere Ermittlungen alleine schon wegen der anstehenden Verfahren gegen die beteiligten Kurden notwendig. „Der Tatvorwurf gegen die Kurden muß“, so Wieland, „schließlich auch in einem Gesamtzusammenhang gewürdigt werden.“

Sollte die Justiz die Ermittlungen tatsächlich beenden, so Wieland, müsse der parlamentarische Untersuchungsausschuß Avi Primors Angebot wahrnehmen. Die Immunität der Schützen sei dabei kein Grund, der Aufklärung der Fälle nicht nachzugehen. Wieland betonte noch einmal, daß auch er die Grenzen der Notwehr überschritten sieht. „Wir hätten den Untersuchungsausschuß nicht eingerichtet, wenn nicht so offensichtlich gewesen wäre, daß auf der Treppe kein Angriff stattfand.“

Gleichwohl scheint mit der Ankündigung Körtings die Wahrscheinlichkeit, daß die tödlichen Schüsse ohne rechtliche Folgen bleiben, größer denn je zu sein. Aus dem Auswärtigen Amt in Bonn hieß es nämlich, daß ein offizielles Amtsersuchen an die isaelische Regierung nur möglich sei, wenn der Berliner Senat dies beim Bundesjustizministerium beantrage. Uwe Rada