Debatte

Nie wieder Grün!?  ■ Von H.-G. Isenberg

Die Grünen waren einmal ein Zusammenschluß von Menschen, die sich durch unbotmäßiges, kritisches und selbstreflexives, also vernünftiges Denken auszeichneten. Was waren das für Zeiten, als von Selbstbewußtsein strotzende Grüne kompromißlos argumentativ und praktisch Partei für Mensch und Natur an allen Orten individuellen und sozialen Lebens ergriffen! Es mag ja solche Menschen noch bei den Grünen geben, aber ich vernehme weder ihre Stimme, noch erkenne ich sie an ihren konkreten Handlungen. Wie Mehltau lasten auf Grün Machterhaltungsinteressen, die ehemals offene Arrangements eines Zusammendenkens, –redens, –handelns ins geschlossene Korsett des „Augen zu und durch“ zwingen. Dazu paßt die Geschäftigkeit der Mitglieder, Amts- und WürdenträgerInnen, die – zugegeben gekonnt – Entscheidungswillen und Gestaltungskraft vorzutäuschen suchen. Konzeptions- und Perspektivlosigkeit gegenüber gesellschaftlichen Problemen und Konflikten ist zu konstatieren; Äußerlichkeit und Oberflächlichkeit grüner Politik verstört nicht nur die Betrachter, sondern befördert weithin bis in die Partei hinein Gleichgültigkeit, Verdrängen und Wegschauen.

Die Lichtgestalten „Joschka und Marie“ mögen ja Balsam für die grüne Seele sein – sind aber unverkennbares Menetekel dafür, daß die Grünen zu einer Sekte mutieren. Doch nichts bleibt, wie es mal war und ist – es wird einen Neubeginnen geben! Wann? Mit der Wahl kann ein neuer Anfang gemacht werden, für Grün ist es nie zu spät. Mit Theodor W. Adorno gesagt: „... weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen lassen.“

Hans-Georg Isenberg arbeitet als Dozent an der Akademie für Arbeit und Politik.