Europäischer Abenteuerspielplatz

■ Zweiter Teil der taz-Serie: In Berlin finanziert europäisches Geld sinnvolle Kinder- und Jugendeinrichtungen. Mit „Urban“ fördert die EU insgesamt 30 stadtbezogene Initiativen

Die Europäische Union wählt meist lieber den Ackerweg auf dem Land als den heißen Asphalt der Großstadt. Mit dem Projekt Urban der Europäischen Union, das 1995 in Berlin auf den Weg gebracht worden ist, wurden erste Versuche unternommen, diese traditionelle, agrarisch ausgerichtete Perspektive in Richtung Stadt zu verschieben: „Hinter Urban steckt der Gedanke, sich mehr den Problemen der Bewohner, der Wirtschaft und der Ökologie in Städten zuzuwenden“, sagt Sabine Wortmann von der Beratungs- und Service-Gesellschaft Umwelt. Sie koordiniert Urban, das in Berlin 30 Einzelprojekte in den Bezirken Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Weißensee mit finanziert.

Gleichwohl, die Bilanz, wohin die seit 1994 von der EU spendierten 32,3 Millionen Mark geflossen sind, kann sich sehen lassen. In der Kollwitzstraße, einem Mitte der 90er Jahre zum Teil noch stark problembelasteten Kiez, entstand ein Abenteuerspielplatz. „Die Kinder, die dort hingehen, werden auch pädagogisch betreut“, erzählt Wortmann. Die Jugendlichen können dort töpfern, mit Filz arbeiten oder einfach nur herumtoben.

Ein anderes Projekt von Urban nennt sich regionaler Ausbildungsverbund. Die Initiatoren haben 36 Auszubildenden Lehrstellen im Prenzlauer Berg und den angrenzenden Bezirken bei kleinen und mittleren Betrieben besorgt, die normalerweise keine Lehrlinge ausbilden.

Der Träger finanziert die ersten 18 Monate in einer Ausbildungswerkstatt, während der restlichen 18 Monate arbeiten die Lehrlinge in ihren Betrieben, und der Lohn wird vom Unternehmen übernommen. Projektleiterin Gabriele Klose: „Die Jugendlichen haben eine Chance bekommen und werden nicht zum Sozialfall. Gleichzeitig wird die Wirtschaft angkurbelt.“ Aber auch zum Jugend- und Kulturhaus in der Saarbrücker Straße, einer Gegend mit hoher Jugendarbeitslosigkeit und wenigen Jugendeinrichtungen, gab Urban rund 420.000 Mark dazu.

Die Ideen und Projekte werden nicht von Brüssel vorgegeben. Die verschiedenen Initiatoren in den Bezirken entwickeln sie und beantragen dann die Mittel zur Förderung. Zudem müsse sich bei allen Projekten der Berliner Senat mit 25 bis 35 Prozent beteiligen. Wortmann: „Damit geht man relativ sicher, daß hier nicht der pure Luxus gefördert wird.“ Auf der anderen Seite dürften aber auch keine Projekte finanziell unterstützt werden, die zu den Pflichtaufgaben gehören, die eine Kommune ihren Bürgern gewährleisten muß.“ Mit Urban sei es gelungen, „die Probleme in den innerstädtischen Bezirken als Paket anzugehen und Wirtschaftsförderung mit Sozialförderung zu verbinden“, findet die Koordinatorin.

Wie es mit Urban in Berlin weitergeht, ist allerdings noch nicht entschieden. Urban Berlin ist von Brüssel nur bis zum Jahresende bewilligt worden. Das platte Land mit seinen Ackerwegen hatte bei den Verhandlungen um die Agenda 2000 im März traditionell den Zuschlag bekommen.

Annette Rollmann