„Zur Kenntnis nehmen“

■ Der Alternativgipfel ging am Mittwoch zu Ende. Nun läuft der radikale Gegengipfel

Köln (taz) – Während die einen Gipfelteilnehmer es sich gerade in Köln gemütlich machen, reisen die anderen schon ab. Nach den Übernachtungen im Camp freuen sie sich auf eine Dusche: Am Mittwoch ging in Köln der dreitägige EU-Alternativgipfel zu Ende. Rund 400 TeilnehmerInnen aus dem In- und Ausland besuchten Foren zu Wirtschaft, Beschäftigung, Umwelt, Bildung, Migration oder nicht zuletzt Kosovo.

Während in den Foren noch detailliert die politische Realität in den EU-Ländern analysiert wurde, blieben die Forderungen beliebig. So forderten die „Erwerbslosen und prekär Beschäftigten“ die Regierenden dringend auf, soziale Forderungen wie die nach einem garantierten Einkommen „zur Kenntnis zu nehmen“. Die „Internationale Arbeitsgruppe Krieg im Kosovo des Alternativgipfels“ fordert eine Einstellung des Kriegs, verurteilt die ethnischen „Säuberungen“ und „befürwortet“ ein internationales Netzwerk.

Sozialarbeiterin Heike Hundeirer vom Service Civil International summiert ihre Kritik: „Die Vielfalt der Meinungen ist sicher interessant und auch beabsichtigt, aber ebenso beliebig. Das muß wieder gebündelt werden.“ Am meisten profitierten viele nach eigenen Angaben von den nationalen und internationalen Kontakten. Die Norwegerin Hanne Solhang besuchte die Arbeitsgruppen zu Demokratie in Europa und EU-Erweiterung. „Norwegen ist nicht in der EU – es war eine echte Erfahrung, mit Leuten zu sprechen, die in der EU sind. Unser Parlament ist dafür, und wir lesen immer nur die Meinungen der Regierungen in der Presse – da war der persönliche Kontakt hier eine Erweiterung.“

Der offizielle Gipfel bleibt allerdings nicht unbegleitet. Am Donnerstag begann der dreitägige Gegengipfel des linksradikalen Bündnisses. Das Themenspektrum ist ähnlich wie beim Alternativgipfel, der politische Ansatz anders. Die Trennung von den Alternativen begründete eine Sprecherin damit, daß dort „Kräfte wie die Jusos vertreten waren, die von einer grundsätzlichen Reformierbarkeit der EU ausgehen und nicht einmal mehr radikalreformistische Ansätze haben, geschweige denn gegen den Krieg sind“. Diesen Ansatz lehne man angesichts der sich trotz elf sozialdemokratischer Regierungen verschärfenden Ausbeutung ab. Maike Rademaker