„Die Nato muß mit dem Bomben aufhören“

■  Unter Berliner Kosovo-Albanern und Serben wird die Annahme des Friedensplans durch Milosevic abwartend aufgenommen. Senat will Aufenthalt für Flüchtlinge nicht verlängern. Kriegsgegner wollen weiter protestieren

Die Annahme des internationalen Friedensplans durch den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und das serbische Parlament hat unter den in Berlin lebenden Kosovo-Albanern und Serben vorsichte Zustimmung ausgelöst.

Die 23jährige Albanerin Vjollca Hajdari hat die Nachricht aus Belgrad, wie sie sagt, „ziemlich überrascht“. Allerdings sei sie „nicht euphorisch“. Stattdessen hält sie Skepsis und Mißtrauen für angebracht. Milosevic könne man nicht so schnell trauen. Daß die Nato weiter angreift, findet Hajdari, die beim offenen Kanal albanische Sendungen produziert, deshalb verständlich.

Das sieht Mittrovski Dragan, der Vorsitzende der serbisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Berlin anders. Es sei „absurd und hirnrissig“, daß es weitere Luftangriffe gebe. Wo ein Friedenswille sei, so Dragan, sei auch ein Weg: „Ich habe zu Milosevic kein Vertrauen, aber es geht nicht darum, Milosevic zu vertrauen, sondern den Krieg zu beenden.“ Für die serbische Bevölkerung, meint Dragan, sei die Fortsetzung der Luftangriffe der enntäuschend. Trotzdem sei er froh darüber, daß es nun tatsächlich zum Ende des Krieges komme.

Daß ein Ende des Krieges, daß ein Friede in Jugoslawien und im Kosovo nur mit der Rückkehr der vertriebenen Kosovo-Albaner zu haben ist, weiß niemand besser als die in Berlin lebenden Flüchtlinge. Im Flüchtlingswohnheim in der Gehrenseestraße ist die Stimmung indes gemischt . „Keiner hier im Heim war wirklich euphorisch, als die Nachrichten kamen“, sagt Halil Abaci, der seit 1992 im Wohnheim lebt und dort als Dolmetscher unter den rund 100 Neuankömmlingen fungiert. „Milosevic hat so viel versprochen und es nie eingehalten“, sagt er. „Wir wollen endlich Tatsachen sehen.“ Erst wenn Milosovic tatsächlich seine Truppen zurückziehe, würde das Mißtrauen langsam verschwinden.

Eine baldige Rückkehr stellen die meisten sich aber schwierig vor, obwohl, so betont Abaci, alle zurückwollten. So zum Beispiel Nerxhirane Daka aus Pristina: „Ich möchte am liebsten sofort ins Flugzeug steigen“, sagt die 28jährige. Doch, so schränkt sie ein, sie wisse ja gar nicht ob ihre Wohnung noch intakt sei. Seit ihrer Flucht Anfang April habe sie keinen Kontakt mehr nachPristina gehabt.

Auch Vjollca Hajdari weiß, daß fast alle Flüchtlinge bereit seien, zurückzukehren, „egal unter welchen Umständen, auch wenn ihre Häuser zerstört seien.“ Die einzige Bedingung: „Die Gewalt muß aufhören.“

Für den Senat ist die Rückkehr der Flüchtlinge bereits beschlossene Sache. „Wenn der Friedensplan eingehalten und unterschrieben wird“, sagt Isabelle Kalbitzer, Sprecherin von Innensenator Eckart Werthebach (CDU), werde die dreimonatige Aufenthaltsbefugnis nicht mehr verlängert. Darüber werde nächste Woche auf der Inneministerkonferenz diskutiert. Die Aufenthaltsbefgnisse laufen Mitte Juli aus. Die Flüchtlinge müßten dann innerhalb von vier Wochen Berlin verlassen.

Skeptisch zeigten sich unterdessen auch die Berliner Kriegsgegner. Obwohl am Donnerstag nachmittag ein Ende des Krieges in Serbien wahrscheinlich war, ließen sich die Kriegsgegner nicht von ihrem Protestprogramm abbringen. Knapp 40 Menschen waren einer Einladung der Antikriegsinitiative gefolgt, das weitere Vorgehen abzustimmen. Demos, Mahnwachen und eine Gedenkminute beim Jazzfestival gehörten zu den Vorschlägen. Auch sollten wieder Bettlaken aus den Fenstern gehängt werden. „Wir gehen nicht davon aus, dass unsere Arbeit überflüssig ist“, waren sich die Basisgrünen einig.

Auch Hans-Christian Ströbele sah keinen Widerspruch zwischen der Nachricht vom absehbaren Kriegsende und dem Tatendrang der versammelten Fundis. Es gelte, die Position der Grünen zum Krieg für die Zukunft grundsätzlich zu bestimmen. Ströbele teilte die Einschätzung, der Streit um den Krieg habe tiefer liegende Unzufriedenheit der Grünen mit ihrer Parteipolitik zutage gefördert. nau, me, wei