: Das Berliner Wasser bald ganz privat
■ Der Vertrag über den Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe ist unterschriftsreif. Zuständiger Lenkungsausschuß empfiehlt den Verkauf an das RWE-Konsortium. Voraussichtlich heute Entscheidung im Senat
Das Wassergeschäft Berlins ist bald (Teil-)Privatsache. Gestern hat der zuständige Lenkungsausschuß des Senats der Landesregierung einen Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) an ein privates Konsortium unter Führung der RWE empfohlen. Heute nun soll der Senat voraussichtlich dem dafür vorliegenden Vertragsentwurf zustimmen.
Unter den letzten drei verbliebenen Bietern für die Wasserbetriebe hat sich der Lenkungsausschuß (Finanzverwaltung, Umweltverwaltung und Wirtschaftsverwaltung) mit dem RWE-Konsortium geeinigt. Wie vorgesehen, erwirbt das Konsortium – eine Zustimmung des Senats und des Abgeordnetenhauses vorausgesetzt – 49,9 Prozent an den Wasserbetrieben. 50,1 Prozent verbleiben im Besitz des Landes. Der ausgehandelte Preis liegt mit 3,3 Milliarden Mark noch höher als ursprünglich eingeplant. Damit kann Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing die klaffenden Löcher im Haushalt 1998 nachträglich stopfen.
Zu dem Konsortium zählen die RWE-Aqua GmbH, die Vivendi-Tochter Compagnie General des Eaux und die Allianz-Tochter Allianz Capital Partners GmbH. Mit dem 49-Prozent-Anteil wird das Konsortium eine Beteiligungsgesellschaft bilden. RWE und Vivendi werden jeweils 45 Prozent da-ran halten, die Allianz 10 Prozent.
Zu dem vorliegenden Vertrag gehört neben dem Erwerb der BWB-Anteile auch eine Investitionsverpflichtung der KäuferInnen. So haben Vivendi und RWE etwa zugesagt, einige Unternehmenszentralen nach Berlin zu verlagern und in die Kommunikationsfiliale der Wasserbetriebe, die berlicom, zu investieren. Die Gründung einer Jugendstiftung gehört ebenso zu den weiteren Zusagen wie die Beteiligung an der Mediathek und an sozialen Projekten. Insgesamt versprechen sich die Berliner VerkäuferInnen daraus mehr als 2.000 neue Arbeitsplätze für die Region Berlin. Schon vor Wochen hatte das Abgeordnetenhaus außerdem per Gesetz ausgeschlossen, daß nach einem Verkauf die Wasserpreise bis zum Jahr 2003 steigen. Zudem wurde ein 15jähriger Kündigungsschutz für die MitarbeiterInnen vereinbart.
Nach der Bewag und der Gasag ist nun das dritte und letzte große Versorgungsunternehmen der Stadt in privaten Händen. Weltweit wird derzeit die Wasserver- und -entsorgung aus der Verantwortung der Städte ausgegliedert. Die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe ist dabei eine der größten in der Branche – mit mehr als 6.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz um zwei Milliarden Mark. Das ansonsten rentable Unternehmen schleppt allerdings ein großes Problem mit sich: das Müllunternehmen Schwarze Pumpe (SVZ), dessen Defizite hohe Millionenbeträge ausmachen. Für die Sanierung der SVZ wurden nun vertraglich 200 Millionen vereinbart.
Sollte der Senat dem Vertragsentwurf heute zustimmen, müßte das Abgeordnetenhaus noch grünes Licht geben. Die Mehrheit dafür jedoch dürfte trotz Bedenken in der CDU sichergestellt sein. Zeitgleich allerdings hat gestern die Opposition beim Landesverfassungsgericht Klage gegen das Privatisierungsgesetz eingereicht und eine einstweilige Anordnung beantragt. Barbara Junge
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