: Das Zittern der Traumsilhouetten
Der „Verein zur Förderung junger Kunst“ mit einer Rauminstallation der Berliner Künstlerin Rina Scholz ■ Von Tanja Dückers
Wenn man an einer der wie schwerelos im Raum hängenden Papierfigurinen zieht, erfaßt ein Zittern die ganze Gruppe: Wie einMobile bewegt sich die fragile Rauminstallation der 1964 geborenen Berlinerin Rina Scholz. Entfernt an Körper erinnernde Objekte aus Papier, Pappe oder Nessel, mit glänzendem Tierleim zusammengehalten, werden von einem Windstoß erfaßt, bewegen sich aufeinander zu, drehen sich um ihre eigene Achse, kollidieren. Das in Weiß bis Transparent gehaltene Material und die effektvolle Hängung in der Luft entsubstantiieren die Körper, die einem wie regsame Geister, Traumsilhouetten vorkommen. Über zehn Objekte, alle mehr als einen Meter lang, gehören zu dieser Installation; aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, scheint ihre lose Konstellation jeweils einen anderen Charakter anzunehmen.
„Mich interessiert das Zusammenspiel von Individuum und Gruppe“, gibt die Künstlerin und Kunstpädagogin zur Auskunft. Statik und Dynamik, Bewegungsübertragung, Abstand und Nähe werden erfahrbar gemacht in dieser beeindruckenden Rauminstallation. Transparenz und Entsubstantiierung, Schwerelosigkeit und dieses geheimnisvolle Zittern referieren auf die Beschäftigung der Künstlerin mit dem Thema Vergänglichkeit.
Der „Verein zur Förderung junger Kunst“, in diesem Jahr gegründet, hat sich zum Ziel gesetzt, die Werke von Künstlern, die erst auf der Schwelle zu größerer öffentlicher Anerkennung stehen, zu präsentieren. Anja Krauß, die Initiatorin, versucht visuelle und auditive Medien mit Literatur zu verknüpfen. Ihr biographischer Werdegang verbindet diese Bereiche bereits miteinander. Die 32jährige Kunstpädagogin beendet derzeit ihre Dissertation in Philosophie über die „Wirklichkeit von Sprache“.
Sorgfältig wählt Krauß Künstler aus den Bereichen Fotografie, Videokunst, Malerei und Musik aus, um mit den eingeladenen Autoren und Autorinnen monatlich ein Gesamtkunstwerk in den malerischen Räumen am Koppenplatz 6 zu gestalten. Die Videoinstallationen der Bulgarin Mariana Vassilevá gab es gemeinsam mit den Gedichten und Geschichten der gebürtigen Jugoslawin Adrijana Bohocki, Kurzfilme von Christine Kern wurden mit der Sprachgewalt des Berliner Poetry-Slam-Aktivistin Claudius Hagemeister und den skurrilen Geschichten der Autorin und Verlagsgründerin des Morpheo-Verlags, Nadja Bentz, amalgamiert. Der Engländer Alistair Noon verbalisierte seine Lautpoesie zu der ebenso hermetischen Minimal art von Marion Aulinger.
Die Internationalität der eingeladenen Künstler ist erstaunlich, das Gesamtkonzept überzeugend. Zehnmal haben bislang die Salons im „Verein zur Förderung junger Kunst“ stattgefunden. Der nächste Termin ist der 20. Juni: Ornamentale Ölbilder, von Anja Krauß in keinster Weise abfällig als „Tapetenmuster“ bezeichnet, treten in einen Dialog mit der ironisch gebrochenen Innerweltlichkeit der Texte der Amerikanerin Laura Schleussner.
Verein zur Förderung junger Kunst, Koppenplatz 6, Mitte. Die Installation von Rina Scholz ist bis zum 20. Juni zu sehen
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