Öl ist ein besseres Exportgut als Terror

Rechtzeitig zum zehnten Jahrestag ihres Putsches wird Sudans Militärregierung hoffähig. Der Ölexport mit ausländischen Partnern beginnt, die Annäherung an den Westen macht Fortschritte  ■   Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Ein Knopfdruck des Präsidenten genügte, und das Öl sprudelte. Die Einweihung der längsten Ölpipeline Afrikas am 31. Mai im Sudan war für das sudanesische Militärregime eine ideale Chance, sich selbst zu feiern. Ab dem 30. Juni – rein zufällig der 10. Jahrestag des Militärputsches von Präsident Omar al-Baschir – soll aus den zentralsudanesischen Ölfeldern von Heglig und Jonglei das Öl exportfähig ans Rote Meer gepumpt werden. Das neugebaute Ölterminal südlich des Hafens Port Sudan, Endstation der 1.610 Kilometer langen Pipeline, heißt natürlich Baschir.

Der Beginn der exportorientierten Ölförderung ist das augenfälligste Zeichen für den Wiederaufstieg des Sudan aus der internationalen Isolation, in der es jahrelang wegen der Diktatur islamistisch angehauchter Militärs, der Förderung radikaler Islamisten in der arabischen Welt und dem mörderischen Bürgerkrieg im Süden gefangen war. Das Ölkonsortium „Great Nile Petroleum Operating Company“ ist international: Größter Teilhaber mit 40 Prozent ist die staatliche Ölfirma Chinas. Mit jeweils 30 und 25 Prozent sind Firmen aus Malaysia und Kanada dabei. Am Bau der Pipeline war die deutsche Mannesmann beteiligt – sie lieferte 500 Kilometer Rohre.

3,5 Milliarden US-Dollar an ausländischen Investitionen sollen nach amtlichen Angaben bereits in Sudans Ölindustrie geflossen sein. Die Regierung hofft, daß dies erst der Anfang ist: Mit Produktionskosten von knapp vier US-Dollar pro Barrel (159 Liter) ist Sudans Öl im afrikanischen Vergleich billig; die neue Pipeline kann dreimal mehr als die zunächst avisierte Förderung von 150.000 Barrel pro Tag befördern.

Die Ölfelder sind strategisch delikat. Sie liegen im Zentrum des Sudan südlich von al-Obeid beiderseits der inoffiziellen Grenze zwischen Nord und Süd. Daher sind sie ein Faktor im jahrzehntealten Bürgerkrieg zwischen der Regierung im arabischen Norden und Rebellen im schwarzafrikanischen Süden.

Die Rebellenorganisation „Sudanesische Volkesbefreiungsarmee“ (SPLA), die große Teile des Südsudan kontrolliert, warnte im Mai: „Alle Ölaktivitäten, Installationen und Personal, sind legitime militärische Ziele.“ Wenige Tage später kidnappten südsudanesische Milizen, die theoretisch mit der Regierung verbündet sind, 23 chinesische Ölarbeiter und lieferten sich kurzzeitig Gefechte mit der Regierungsarmee. Beobachter halten es für möglich, daß im Ölfördergebiet des Sudan ähnlich wie in Nigeria ein Konflikt um die gerechte Verteilung der Öleinnahmen entsteht.

Die Regierung ihrerseits – die zugesagt hat, im Jahre 2001 eine Volksabstimmung über die Zukunft des Südsudan abzuhalten – will durch die Öleinnahmen den Süden wirtschaftlich an den Norden anbinden. Äußerungen von Islamistenführer Hassan al-Turabi, wonach die Öleinnahmen zum Bau von Panzer- und Raketenfabriken dienen sollten, wurden hastig dementiert.

Der Aufstieg Sudans zum Ölstaat gliedert sich ein in eine systematische Strategie der Regierung, wieder international hoffähig zu werden. Mit Eritrea, wo die bewaffnete sudanesische Opposition ihre Hauptquartiere hat, wurde Anfang Mai ein Normalisierungsabkommen geschlossen. Um die Gunst des mächtigen Nachbarn Ägyptens wirbt Sudans Regierung heftig – sie weiß, daß der US-Verbündete Ägypten ein Verfechter der Einheit des Sudan ist. Präsident al-Baschir will ferner, daß sein Land zusammen mit Äthiopien zum Motor der ökonomischen Entwicklung der Region aufsteigt.

Neuerdings betreibt Sudans Regierung auch eine Annäherung an den einst verteufelten Westen. Wichtig hierbei war die Weigerung des Sudan, PKK-Führer Abdullah Öcalan aufzunehmen, als er im Februar dieses Jahres weltweit Asyl suchte. Wenige Wochen später hatte Sudans Regierung ein Partnerschaftsabkommen mit der Türkei und einen Vertrag mit dem Internationalen Währungsfonds in der Tasche. Im taz-Interview ruft Sudans Außenminister Ismail Osman nun zur vollständigen Normalisierung der Beziehungen mit den USA auf.

Osman Ismail machte seine Äußerungen auf der deutschen Station einer Europareise, bei der er auch Finnland, Italien, Spanien und Frankreich besuchte. In Deutschland traf der Außenminister auch mit dem zukünftigen Bundespräsidenten Johannes Rau zusammen. Gerade bei den Afrikapolitikern der SPD sind die Sympathien für Sudans Regierung merklich gewachsen.