„Auch schon mal besser gehetzt“

■ Bernhard-Nocht-Straße:„Verdrängung“ von Altmietern findet nicht statt Von Ulrike Winkelmann

„Völliger Blödsinn“, meint Achim Katz, seines Zeichens Jugendrichter und Mitglied in der Genossenschaft „Alternativen am Elb-ufer“. Es sei „unvorstellbar und so nicht wahr“, daß Leute aus der Hafenstraßen-Szene versuchten, MieterInnen aus den anliegenden Häusern hinauszuekeln.

Zwölf Häuser hat die städtische „Hafenrand GmbH“, die senatseigene Hafen-Abrißgesellschaft, an die Genossenschaft verkauft. Nicht in allen wohnen realexistierende Ex-BesetzerInnen. Zumindest in fünf Adressen – der Hafenstraße 106/108, 110, 112/114 und der Bernhard-Nocht-Straße 42 und 44 – residieren auch sogenannte AltmieterInnen oder Menschen, die mit den Hafen-Leuten in friedlicher bis solidarischer Koexistenz leben.

Über die Welt am Sonntag ließ nun Wolfgang Dirksen, Geschäftsführer der „Hafenrand GmbH“, kolportieren, daß die HafensträßlerInnen an einer „Verdrängung“ dieser „normalen Leute“ interessiert seien. Eberhard Gilde, Dirksens Stellvertreter bei der „Hafenrand“, gibt zur Erklärung an, daß „Szene-Leute“ versucht hätten, in die Wohnungen der AltmieterInnen einzudringen, angeblich, „um sich umzuschauen“. Dabei hätten sie gesagt, daß „das alles ja bald ihnen gehöre“. Die verunsicherten BewohnerInnen hätten sich daraufhin an die „Hafenrand“ gewandt, die ihnen jedoch signalisiert habe, daß ihre Mietverträge weiter gültig blieben.

Das jedenfalls bestätigt auch Achim Katz: „Für die Genossenschaft sind die Einzelmietverträge mit den Altmietern selbstverständlich genauso bindend wie für die Hafenrand.“ Vom Beginn der Verhandlungen an hätten Genossenschaftsmitglieder versucht, mit den BewohnerInnen vor allem der Bernhard-Nocht-Straße 42 und 44 Kontakt aufzunehmen und sie über den Stand der Dinge zu informieren. Einer dieser Versuche sei offenbar in Dirksens Sinne uminterpretiert worden.

„Wir haben Termine und Gespräche angeboten“ – zu einem anberaumten Treffen sei aber lediglich ein Mieter erschienen, so Katz. „Wir sind dann davon ausgegangen, daß es den Mietern egal ist, wer ihr Vermieter ist.“ Im übrigen „gehe ich davon aus, daß wir kein schlechterer Vermieter sein werden als die Hafenrand GmbH“, meint Katz würdevoll.

Als „Problemfall“ gilt nur das Haus Bernhard-Nocht-Straße 44 – eine Stellungnahme der BewohnerInnen war in den vergangenen Tagen nicht zu erhalten. Lediglich im zweiten Stock streckte eine junge türkische Frau ihren Kopf heraus und sagte, daß von ihrer Familie niemand zu einer Meinungsäußerung bereit sei. Auch die HafensträßlerInnen selbst äußerten sich nicht zu den Vorwürfen. „Die haben auch schon mal besser gehetzt“, sagte eine der neu-alten MieterInnen lakonisch.