Todeslotterie -betr.: "Suizid-Versuch in der UHA am Holstenglacis", taz vom 4.12.1995

Betr.: „Suizid-Versuch in der UHA am Holstenglacis“, taz hamburg vom 04.12.95

Heute betraf es einen Gefangenen in einer mir gegenüberliegenden Zelle. Ob der morgendliche (ca. 6.50 Uhr) Rettungsversuch durch die hier tätigen Schließer Erfolg hatte, ist mir leider nicht bekannt geworden. Ich habe immer mehr den Eindruck, als fände hier so eine Art “Todeslotterie“ statt. Nach übereinstimmenden Erkenntnissen soll die gegenüberliegende Zelle von innen wie ein Schlachthaus ausgesehen haben. Selbst zur mittäglichen Essenausgabe war die mir gegenüberliegende und eigentlich weiß gestrichene Zellentür noch derart mit Blut besudelt, daß sich mir der Magen hob und ich beinahe über das Geländer erbrochen hätte.

Wahrscheinlich würden mehr als 50 Prozent der Suizidversuche ausbleiben, wenn die Anstalt sich an bereits vor Jahren ergangenen richterlichen Entscheidungen, in jedem Haftraum eine Steckdose zu installieren, nicht gestoßen, sondern diese auch umgesetzt hätte. Dies sollte jedem Gefangenen den problemlosen Zugang zu kostenangemessenen Kommunikationsmitteln gewährleisten. Hoch lebe die Statistik!!!

Andreas Karl Czech