Der Stabilitätspakt steht

■  Auf dem Balkan soll künftig „Frieden und Wirtschaftswachstum“ herrschen. Noch ist völlig unklar, wer dafür wieviel bezahlen soll

Noch ist der erste Schritt nicht wirklich getan, aber das Ziel liegt schon einmal fest – und zumindest ein Teil des Wegs dorthin: Wenn die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G 7) heute in Frankfurt/Main zur Vorbereitung des Weltwirtschaftsgipfels zusammenkommen, haben sie bereits eine hervorragende Grundlage für ihre Überlegungen zur Wiederaufbauhilfe für das Kosovo: Bereits am Donnerstag abend haben Vertreter von mehr als 30 Staaten und internationalen Organisationen in Köln einen Stabilitätspakt verabschiedet, der Südosteuropa, so Bundesaußenminister Joseph Fischer (Bündnis 90/Grüne), „zu dauerhaftem Frieden, Demokratie und Wirtschaftswachstum verhelfen“ soll. Der Pakt nennt zwar keine konkreten Zahlen, aber eine Reihe von Maßnahmen, die in den kommenden Wochen ergriffen werden sollen. So soll es einen runden Tisch mit den Vertretern der südosteuropäischen Staaten und einem Sonderkoordinator der Europäischen Union (EU) geben, wo über Demokratisierung und Menschenrechte, wirtschaftliche Reformen und Sicherheitsfragen beraten werden soll. Die Balkan-Staaten müssen sich dafür zu demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen sowie zur Öffnung ihrer Märkte für den Warenaustausch und für private Investitionen verpflichten.

Die Finanzhilfen sollen über Geber-Konferenzen organisiert werden. Wieviel Geld allerdings tatsächlich gebraucht wird, scheint immer noch kaum abschätzbar. Während bisherige Zahlen von 20 bis 100 Milliarden Mark ausgingen, brachte der Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, Wolfgang Roth, gestern eine Summe von 700 Milliarden Mark ins Spiel. Die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Geldern, so US-Präsident Bill Clinton, liege bei den europäischen Staaten. Schließlich könne deren Wirtschaft auch am Wiederaufbau verdienen.

Durch die elfwöchige Bombardierung Jugoslawiens und die Kämpfe im Kosovo wurden große Teile der Infra- und Industriestruktur des Landes zerstört. Indirekt litten auch Handel und Wirtschaft der Anrainerstaaten, von denen einige zudem die Aufnahme von fast einer Million vertriebener Kosovo-Albaner verkraften müssen. Beim Wiederaufbau wird es allerdings zuerst um ganz existentielle Maßnahmen gehen müssen. Teuer werden dürfte dabei schon die Minenräumung, ohne die gar nicht an eine Wiederbevölkerung des Kosovo zu denken ist. Dann fehlen winterfeste Unterkünfte für zurückkehrende Flüchtlinge sowie eine funktionierende Wasser- und Stromversorgung.

Nicht ganz klar ist, inwieweit auch Serbien von dem Stabilitätspakt profitieren kann. Mit der Erklärung, das Land dürfe „nicht ins Abseits gestellt werden“, blieb Fischer vage. Clinton dagegen wiederholte gestern noch einmal die zuvor auch von dem deutschen Außenminister gestellte Bedingung, daß der jugoslawische Präsident Slobodan Miloevic erst abgelöst werden müsse, bevor an finanzielle Hilfen zu denken sei.

Besonders hervorgehoben wird dagegen in der Erklärung die jugoslawische Teilrepublik Montenegro. Ihr wird zugesagt, daß sie frühzeitig von dem Pakt profitieren soll. US-Außenministerin Madeleine Albright würdigte ebenso wie Fischer, daß Montenegro sich nicht an dem Konflikt zwischen Nato und Belgrad beteiligt und bereits eine Demokratisierung unter schwierigen Bedingungen begonnen habe. dpa/rtr/taz

Die Europäer hoffen mit 20 Milliarden Mark davonzukommen. In den USA spricht man dagegen von 700 Milliarden Mark