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Schwingende Brüste, verregneter Schampus  ■ Von Katrin Cholotta

Stell dir vor, du willst eine Party geben und es regnet den ganzen Tag! Zu Tanz und Glamour hatte Partymacherin Angela Schmerfeld sämtliche Weiblichkeiten am Samstag abend eigentlich ins BKA-Luftschloß auf dem Schloßplatz in Mitte gerufen. Doch kaum stand frau triefend naß zwischen Palast der vergangenen Republik und Sommerresidenz der Berliner Kabarett-Anstalt –da wurde sie auch schon wieder weggeschickt. Mit einem freundlichen Lächeln schenkten zwei adrett gekleidete Damen eifrig Sekt in Gläser, um sie jeder Ankommenden gleich in die Hand zu drücken: „Sorry, aber die Veranstaltung ist in das Haus der BKA am Mehringdamm verlegt worden.“ Wegen einer Tierschau, die eigentlich im Metropol hätte stattfinden sollen. Dort war jedoch kurzfristig die Bauaufsicht eingeschritten, weshalb sich die Tiere jetzt im Luftschloß und die Frauen am Mehringdamm präsentierten. Dem hastigem Entleeren des Sektglases folgte ein engagiertes Winkmanöver. Schließlich bekommt frau ja nicht alle Tage einen Taxigutschein spendiert.

Im weniger glamourösen BKA-Haus schwingen bereits am frühen Abend ganz ungetrübt 50 Lesben pärchenweise durch den schummrigen Raum unterm Dach. Gestärkter Hemdkragen führt Paillettenkleid mit aufwendiger Rüsche. Freie Rücken sind sanft von Händen mit glitzernden Silberringen bedeckt. Das rote Licht schimmert matt auf blankpolierten Schampusgläsern.

Während die Musik am Mehringdamm rote Rosen regnen läßt, drängt sich im feuchtkalten Wetter die bunte Homo-Welt auf dem engen Hof des Tuntenhauses in Prenzlauer Berg. Die 13 Anwohnerinnen der ehemals besetzten Residenz in der Kastanienallee luden unter dem Motto „The Secrets of Egypt“ zum dritten Tuntenhoffest. Bezaubernd die Moderatorinnen im selbstgeschneiderten, äußerst knappen Ballettkleidchen, das die Männlichkeit nur schwer verbirgt. Ein mehr als vollbusiger Dompteur erkämpft sich mit seinen drei turnenden Pudeltunten die Aufmerksamkeit des etwas genervten, da ständig herumgeschubsten Publikums. Als aus dem dritten Stock ein ganzer Eimer Würstchen auf die Bühne und auch auf die Zuschauer prasselt, werfen sie die „Schwänze“ schwungvoll zurück. Galanterweise regt die Parodie auf „Du bist so heiß wie ein Vulkan“ zum Mitsingen an und die Würstchenschlacht ab: „Schwing die Brüste mit mir.“ Sektkorken poppen, und die Enge kippt in gemütliches Schunkeln um. Etwa vier Personen füllen einen Quadratmeter.

„Liebe Tunten und Mackerchen, liebe Lesben und Holzfällerchen“, leitet die flatterhaft bekleidete Moderateuse zum nächsten Programmpunkt über: Vier halbnackte Jünglinge geleiten Plutonia, die Schirmherrin des Festes, unter dumpfen Pharaonenklängen auf die Bühne und wenig später in die ebenfalls überfüllte Tanzgruft des Tuntenhauskellers.