Die meisten entschieden sich gar nicht

■ Europawahl in Hamburg: Alle sind damit zufrieden, Wähler verloren zu haben

Es wird bleiben, wie es seit Jahren ist: Wenn Christa Randzio-Plath montags früh ins Flugzeug nach Brüssel steigt, wird Georg Jarzembowski schon drinsitzen. Einen schönen guten Morgen wird er der Frau Kollegin wünschen, und man wird einen kleinen Plausch halten darüber, was so ansteht im Europaparlament. Dort werden beide, die Sozialdemokratin und der Christdemokrat, auch in den nächsten fünf Jahren die Interessen Hamburgs vertreten. Das haben die WählerInnen am Sonntag entschieden.

Neu ist, daß Jarzembowskis Partei stärker ist als die von Randzio-Plath. Mit 40,2 Prozent der Stimmen ging die CDU als Siegerin aus den Wahlen hervor. Die SPD erhielt 37,2 Prozent. Für die GAL entschieden sich 12 Prozent der WählerInnen (Siehe Tabelle).

Diese Zahlen sehen recht ordentlich aus, finden alle drei Parteien. Die CDU freut sich, besser abgeschnitten zu haben als die SPD. Deren Bürgermeister Ortwin Runde zeigte sich am Sonntag erleichtert, daß die Partei in Hamburg besser dasteht als bundesweit. Selbst die GAL ist einigermaßen zufrieden: Mit 12 Prozent ist die Partei immer noch doppelt so stark wie im Bundesdurchschnitt. Auch „die Hoffnung vieler, daß sich links der GAL eine große Wahlbeteiligung auftut, hat sich nicht erfüllt“, so die grüne Zweite Bürgermeisterin Krista Sager. Für die PDS entschieden sich 3,3 Prozent der HamburgerInnen.

Die meisten von ihnen allerdings entschieden sich gar nicht. Die Wahlbeteiligung lag mit 37 Prozent niedriger als in allen anderen deutschen Großstädten. Rund 761.000 Wahlberechtigte gingen nicht an die Urnen. „Damit haben praktisch zwei von dreien keinen Einfluß auf die Zusammensetzung des Parlaments genommen“, bedauerte gestern Landeswahlleiter Wolfgang Prill. Er vermutet, daß unzureichende Informationen schuld sind. Es sei wohl nicht klar gewesen, daß das EU-Parlament erstens wichtig und zweitens nicht mit der skandalgebeutelten Kommission gleichzusetzen sei. Besonders die SPD habe nur 37 Prozent ihrer potentiellen Wähler mobilisieren können.

„Man darf nicht nur die Prozentzahlen vergleichen“, mahnte gestern Norbert Hackbusch von der GAL-Abspaltung „Regenbogen“. Denn betrachtet man die absoluten Stimmzahlen, ergeben sich aus der niedrigen Beteiligung skurrile Konstruktionen: Die CDU hat gegenüber 1994 rund 26.500 WählerInnen verloren. Trotzdem hat sie 8,1 Prozent zugelegt – weil der SPD gleich 55.500 AnhängerInnen abhanden gekommen sind. Die GAL kommt gerade auf 53.000 WählerInnen; das sind 64.000 weniger als 1994. Judith Weber