Weiter so, heißt jetzt die Devise der GenossInnen

■ Auch nach Niederlage bei Europawahl kein neuer Aufbruch in der Berliner SPD

Als „nicht gerade euphorisch“ bezeichnete ein Mitglied des SPD-Landesausschusses die Stimmung in der Sitzung am Montag abend, „aber auch nicht übertrieben besorgt“. „Nachdenklich“ sei man aber schon gewesen, setzt ein anderer Genosse hinzu. Nach der Europawahl vom Sonntag traf man sich am Montag im höchsten Parteigremium zwischen den Parteitagen, um die Ergebnisse zu diskutieren und zu verdauen. Doch wer nach den 26 Prozent für die Berliner SPD verstärkte Gemütsbewegungen erwartet hatte, wurde enttäuscht.

Die Wahlergebnisse wurden diskutiert, man unterhielt sich über das Schröder/Blair-Papier zur Zukunft der Sozialdemokratie in Europa und über die Zukunft der Berliner Sozialdemokratie im Wahljahr 1999. Beschlüsse standen nicht auf der Tagesordnung. Schließlich verständigte man sich nur darauf, die bereits besprochenen Schwerpunkte stringent zu verfolgen: Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt und soziale Stadtentwicklung sollen weiterhin die Themen sein, mit denen man sich den WählerInnen präsentieren will. Und noch eines wurde am Montag abend deutlich: „Walter Momper wird seinen Kurs unverändert fortsetzen“, versichert ein Genosse aus dem Landesvorstand.

„Die Stimmung war nicht so schlecht“, berichtet auch der Kreuzberger SPD-Vorsitzende Andreas Matthae, „eine gewisse Gelassenheit hat sich durchgesetzt.“ Schließlich sei man mit dem Wahlergebnis noch im Soll geblieben, kein Grund zur Panik also. Auch die Beteiligung am Landesausschuß sei zwar gering gewesen, „aber nur durchschnittlich schlecht“.

Die Erkenntnis sei nicht neu gewesen, daß man noch zulegen muß, will man im Oktober in Berlin tatsächlich stärkste Partei werden. Deshalb habe das europäische Wahlergebnis auch keine neue Richtung gewiesen. Die Wahl habe gezeigt, wie sehr die SPD in der Gefahr stehe, zwischen der CDU auf der einen Seite sowie PDS und Grünen auf der anderen Seite zerrieben zu werden. Nach der Europawahl müsse man jetzt um so mehr daran arbeiten, die eigene Wählerklientel zu mobilisieren.

„Wenn die SPD sich jetzt zusammenreißt, können wir es noch schaffen“, versichert auch der Reinickendorfer Bezirksvorsitzende Reinhard Roß. Berlin sei bei der Europawahl im Vergleich mit dem Bund noch ganz glimpflich davongekommen. Daher die gelassene Stimmung. „Viele hatten ein noch schlechteres Ergebnis befürchtet“, so Roß. Jetzt komme es darauf an, die Positionen der SPD klarer herauszustellen, anstatt sich im Koalitionsgeplänkel zu verlieren.

Zur Profilierung der Positionen setzt die SPD nun auf den 3. Juli. Auf dem Landesparteitag der SPD soll das Wahlprogramm verabschiedet werden. Barbara Junge