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: Ohne Musik

„Die Rache der Carola Waas“, Mo., 20.15 Uhr, ZDF

Menschen, die man liebt, sterben plötzlich. Daß der Schmerz darüber anfangs so ohne Form bleiben muß, macht ihn so bodenlos, unerträglich und schwer darstellbar. Form ist Ordnung – der Verlust, den der Tod zufügt, zerstört jede Ordnung. Nicht viele Schauspieler und Regisseure begreifen und respektieren dieses Gesetz. Unglück, Tod und Trauer haben ihre eigene, sehr gewalttätige Dramaturgie. Am ergiebigsten für die Kunst ist es immer, wenn Künstler dieser Dramaturgie folgen. Der Regisseur Diethard Klante und die Darsteller seines Fernsehdramas müssen all das tief drin bedacht haben.

„Die Rache der Carola Waas“ war für TV-Maßstäbe etwas ganz Großes und Seltenes. Carola Waas (Franziska Walser) verliert bei einem Unfall den Mann und beide Kinder. Der Unfallverursacher (August Zirner) begeht Fahrerflucht, wird gefaßt, aber vor Gericht aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Soviel Tod durch Feigheit und Eitelkeit – Carola Waas kann (und muß) das nicht verwinden.

Mit dem Freispruch des Täters setzt der Film von Diethard Klante eigentlich ein. Carola belauert die Familie des Lehrers; ihre bloße Existenz ist eine Anklage. Einen so tiefen Verlust wird man nie wieder los, eine solche Schuld auch nicht. Klantes Drama vollzieht sich so zwangsläufig, wie sich Dramen in der Wirklichkeit vollziehen: ohne Begleitmusik.

Da der Tod noch jeden überfordert hat, kann eine subtile Kunstgeste nur zeigen, wie sich diese Überforderung äußert. Sprachlos sah man einer Überlebenden zu, die sich zu wehren sucht und doch zerbricht. Das hier war kein normales Fernsehen, sondern seltenste Kunst: Begabung, Wissen, Können, Liebe. Anke Westphal